Brennende Torflager kaum zu löschen
Flammeninferno ohne Ende
In Russland werden heute Donnerstag die höchsten Temperaturen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erwartet, bis zu 42 Grad. Aus der Atomanlage in Sarow, 500 Kilometer östlich von Moskau, wurden aus Sicherheitsgründen alle radioaktiven Materialien abtransportiert. Im ganzen Land wüten nach offiziellen Angaben 520 Brände. Und die Feuer breiten sich weiter aus.
8. April 2017, 21:58
Nachrichten, 05.08.2010
Raffinerien stillgelegt
300 Brände konnte die Feuerwehr in den letzten 24 Stunden löschen, 400 neue sind dafür ausgebrochen, so ein Sprecher des Ministeriums für Katastrophenschutz. Auch ein Naturschutzgebiet unmittelbar vor Moskau, ein beliebtes Ausflugsziel hat zu brennen begonnen und der Rauch zieht immer öfter in die Hauptstadt. Grenzwerte bei Ozon, Stickoxyden und CO2 werden seit Tagen um ein Vielfaches übertroffen, immer öfter sind Menschen mit Masken auf den Straßen zu sehen. Die Feuer bedrohen inzwischen auch Öl- und Gaspipelines. 89 Raffinieren haben wegen Brandgefahr ihren Betrieb eingestellt.
Lehren zu spät gezogen
Die Temperaturen in Zentralrussland liegen im August normalerweise bei etwa 23 Grad - seit zwei Wochen sind die Tageshöchsttemperaturen fast doppelt so hoch. Die Regierung hat inzwischen angekündigt mehr Löschflugzeuge zu kaufen - für die heurige Feuersaison kommt diese Anschaffung aber zu spät.
Morgenjournal, 05.08.2010
Reportage aus einem der Brandgebiete von
Datschen werden Raub der Flammen
Der Wald brennt - nicht an einer Stelle, nicht an zwei, an Dutzenden. Auf der Fahrt durch Elektrogorsk sieht man überall Feuer, sogar im Stadtzentrum brennt eine kleine Wiese. Die Datschensiedlung Karat etwas außerhalb ist dem Inferno nur knapp entkommen. Die Umgebung ist verkohlt, bis in die Gärten der kleinen Wochendhäuser. Eine Bewohnerin: "Der erste Gedanke war, wir schaffen es nicht mehr raus, wir werden hier sterben. Aber die Datscha ist unser Leben, wir konnten nicht einfach davonlaufen". Die Pensionistin Lydia schaut von ihrem Garten auf die qualmende Überreste dessen, was vor kurzem noch ein schöner Mischwald war. Es sei eine Sache von 10 Minuten gewesen, meint ihr Nachbar Sergej. Wie aus dem Nichts sei eine riesige Feuerwand auf die Siedlung zugekommen: "Wir waren bereit, wir hatten alles wichtige ins Auto gepackt um Verschwinden zu können, das Leben ist doch wichtiger."
Torfboden kaum zu löschen
Wenige Stunden, nachdem sie gerufen worden ist, war bereits die Fewerwehr in Karat und konnte das Schlimmste verhindern. Aber der Torfboden qualmt weiter. Die ganze Gegend ist ein ehemaliges Moorgebiet, das in den 1920ern ausgetrocknet wurde, um den Torf in einem nahen Kraftwerk verfeuern zu können. Jetzt stellt der Boden die Feuerwehr vor große Probleme, sagt der Einsatzleiter, Major Wladimir Kolobow: "Um den Torf zu löschen, müssen wir von oben tankwagenweise Wasser drauf schütten. Die Torfschicht ist hier zwischen 70 Zentimeter und vier Meter dick, und Sie verstehen, dass sich hier schnell nichts erreichen lässt."
Bäume vorsorglich gefällt
Viele Bewohner des Dorfes haben Masken vor dem Gesicht. Gemeinsam mit den Feuerwehrleuten fällen sie den Wald rund um die Siedlung, damit die Glut aus dem Torf nicht in die Bäume aufsteigen und das Feuer sich so weiter ausbreiten kann. Der 16-jährige Nikita hilft beim Fällen von Büschen: "Es ist schwer zu atmen, wegen des Rauchs, aber Mama macht mir immer die Maske feucht. Gestern, als das Feuer gekommen ist, hatte ich Angst, aber heute geht es wieder."
Wache bis zum ersten Frost?
Die große Hitze sei der Hauptgrund für das Feuer, meint Einsatzleiter Kolobow. Aber auch der menschliche Faktor spielt eine Rolle: Nicht richtig gelöschte Lagerfeuer, weggeworfene Asche, ein Glasscherben, der die Sonnenstrahlen bündelt, reicht, um hier alles in Brand zu setzen. Nur starker, langanhaltender Regen könnte die Brände löschen. "Auch wenn wir die geschlägertem Bäume weggeräumt haben, können wir von hier nicht weg. Der Torf brennt weiter, und hier leben Leute, Frauen und Kinder. Ich denke dass wir noch Länger Wache halten müssen, bis Oktober, oder sogar bis zum ersten Frost", sagt der Einsatzleiter.
Brandflächen immer größer
Im Auftrag des Katastrophenschutzministeriums kämpfen landesweit derzeit 170.000 Feuerwehrleute gegen die Brandherde. Am Mittwoch stand in ganz Russland eine Fläche von gut 188.500 Hektar in Flammen; am Dienstag waren es noch rund 172.400 Hektar.