Konkurrenz auf Arbeitsmarkt kein großes Thema

Keine Angst vor Arbeitskräften aus Osteuropa

Die Sorge vor einem Ansturm osteuropäischer Billig-Arbeitskräfte hält sich in Deutschland, Italien und Spanien in Grenzen - allerdings aus unterschiedlichen Gründen.

Mittagsjournal, 06.08.2010

Geringere Lohnunterschiede

In Deutschland ist die Angst vor einem Ansturm billiger Arbeitskräfte aus dem Osten nicht mehr besonders groß, denn die Zahl der Arbeitslosen ist zurückgegangen. Die Lohnunterschiede, etwa zwischen Deutschland und Polen, sind immer noch vorhanden, aber nicht mehr so groß, dass sich ein Auswandern für allzu viele Osteuropäer lohnt.

Zu wenig deutsche Schulabgänger

In einzelnen Sektoren wird daran gedacht, in Zukunft gezielt Osteuropäer, vor allem Polen, für eine Arbeit in Deutschland zu interessieren. Das gilt vor allem für Lehrstellen in Handwerksbetrieben in Ostdeutschland. Dort geht nämlich die Zahl der Jugendlichen stark zurück und es gibt unbesetzte Lehrstellen, sagt Experte Markus Kiss vom deutschen Industrie- und Handelskammertag. Kiss erläutert: "Im Osten hat der Rückgang an Schulabgängern dramatische Auswirkungen. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es 13 Prozent weniger Schulabgänger. In Zahlen ausgedrückt sind das mehrere Tausend. Dadurch wird es schwieriger qualifizierte Bewerber zu finden."

Mindestlohn gegen Verunsicherung

In einem anderen Sektor, bei den Pflegeberufen, wurde in Deutschland vor kurzem ein Mindestlohn festgelegt. Unter anderem im Hinblick darauf, dass einheimische Pflegekräfte nicht fürchten müssen, von billigerer Konkurrenz aus Osteuropa ausgebremst zu werden.

Keine Barrieren in Italien

In Italien gehen die Uhren in Sachen EU-Freizügigkeit anders. Für jene acht Länder, die 2004 in die Europäische Union aufgenommen wurden, ist der Arbeitsmarkt seit Juli 2006 vollständig geöffnet. Ähnliches gilt auch für die jüngsten, nämlich 2007 aufgenommenen Mitgliedsstaaten, Bulgarien und Rumänien. Tatsächlich wurde der EU-Eintritt vor allem aber von rumänischen Staatsbürgern genutzt.

Morgenjournal, 09.08.2010

Eine Million Rumänen

Während sich in Italien derzeit rund 80.000 Bulgaren aufhalten, liegt die offizielle Zahl der Rumänen bei 960.000. Schätzungen sprechen jedoch von 1,100.000 Rumänen. Noch seien nicht alle registriert, beklagen NGOs. Der Fehler liege aber nicht bei den neuzugezogenen Rumänen, sondern bei den Arbeitgebern und Wohnungsvermietern. Denn für eine Registrierung müssen ein Wohnsitz und ein Mindesteinkommen nachgewiesen werden. Doch nicht alle melden ihre Arbeitnehmer bzw Mieter an. Und sparen sich dadurch die vorgeschriebenen Steuern.

Keine Konkurrenz um Arbeitsplätze

Der Großteil der rumänischen Staatsbürger arbeitet vor allem im Haushalt, Krankenpflege inklusive. Weitere Bereiche sind Bauwirtschaft, Metallindustrie und Landwirtschaft. Alles Bereiche, in denen Italiener eher nicht mehr arbeiten wollen.

Spanien: Boom vorbei

Die Jahre, als Rekorde bei der Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte gemeldet wurden, sind in Spanien lange vorbei. Mitte des Jahrzehnts wuchs die Wirtschaft kräftig. Für Arbeitswillige gab es unzählige Chancen. Spanien verzeichnete die höchste Zahl von Zuwanderern in der EU. Über 800.000 wurden im Jahr 2006 gezählt. Neben den traditionellen Ursprungsländern wie Marokko oder den lateinamerikanischen Staaten kamen immer mehr Osteuropäer nach Spanien, weil es hier Posten gab, die niemand übernehmen wollte. So wurden Saisonarbeiter in Autobussen aus Osteuropa quer durch den Kontinent zur Erdbeerernte nach Andalusien gefahren. Arbeitskräfte aus Polen und nach dem EU-Beitritt Anfang 2007 verstärkt auch aus Rumänien fanden Anstellung zu ähnlichen Bedingungen wie die heimischen Arbeiter.

Morgenjournal, 09.08.2010

Arbeitslosigkeit dämpft Zuwanderung

Die Rumänen sind inzwischen die größte Gruppe in Spanien, sie haben den Marokkanern den Rang abgelaufen und stellen bereits rund zwei Prozent der Gesamtbevölkerung. Mit der Wirtschaftskrise ist die Arbeitslosenrate aber auf 20 Prozent geklettert. Als Folge davon meldet das statistische Zentralamt heuer erstmals einen leichten Rückgang der Zuwanderung - mit einer Ausnahme: Die Zahl der osteuropäischen Arbeiter steigt weiter.