Unabhängigkeit wird hinterfragt
Hypo-Aufsichtsrat vertraut Kranebitter
Seit Ende März hat die notverstaatlichte Hypo-Alpe-Adria einen neuen Chef: Wirtschaftsprüfer Gottwald Kranebitter. Die Tageszeitung "Kurier" stellt nun seine Unabhängigkeit in Frage: Kranebitter sei für Kurz-Zeit-Hypo-Chef, Tilo Berlin, als Berater engagiert gewesen. Doch der Aufsichtsrat steht hinter seinem Vorstandschef.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 09.08.2010
Unabhängig trotz Hypo-Prüfung?
Anfang 2007 hat Gottwald Kranebitter als Chef des Prüfungsunternehmens KPMG eine Prüfung der Hypo-Alpe-Adria geleitet, schreibt der "Kurier". Im Auftrag von Tilo Berlins Partner, dem Finanzinvestor Kingsbridge. Ende November 2007 feiert Tilo Berlin mit seinen Geschäftspartnern den gelungenen Hypo-Deal, bei dem er und seine Investoren insgesamt 150 Millionen verdient haben sollen. Auch Gottwald Kranebitter ist als Gast eingeladen worden. Was den "Kurier" zu der Frage veranlasst, ob Kranebitter genug Unabhängigkeit für seinen Job als neuer Hypo-Chef besitzt.
Nur ein Händeschütteln
Gottwald Kranebitter selbst will dem ORF-Radio dazu kein Interview geben. Dennoch nimmt er zu den Vorwürfen Stellung: Er sei mit Tilo Berlin weder beruflich noch privat in Kontakt gestanden, noch tue er das heute. Der Auftrag im Jahr 2007 sei ein Auftrag wie hundert andere gewesen. Mit dem Einstieg von Tilo Berlin bei der Bank habe der Auftrag nichts zu tun gehabt. Bei jenem Abschlussfest Ende November habe er Tilo Berlin zwar getroffen, über ein Händeschütteln sei das aber nicht hinausgegangen. Im Übrigen seien seine früheren Tätigkeiten bereits im Herbst 2009 geprüft worden. Damals hat die KPMG die Notverstaatlichung der Hypo-Alpe-Adria begleitet.
Ditz vertraut Kranebitter
Auch vom Aufsichtsrats-Chef der Hypo-Alpe-Adria, Johannes Ditz, kommt Unterstützung für Gottwald Kranebitter. Von dem Gutachten der KPMG habe er bei der Bestellung Kranebitters gewusst, seine Integrität sei dadurch "in keinster Weise" in Frage gestellt. Ditz erklärt die Situation: "Er war Mitarbeiter eines Beratungsunternehmens, das hunderte Beratungen gemacht hatte, bevor er diese Funktion übernahm. Eine dieser Beratungen war für Kingsbridge, es war ein normaler Auftrag. Es gibt keine persönliche Verflechtung von Gottwald Kranebitter mit Tilo Berlin oder mit anderen Personen im Umfeld." Gottwald Kranebitter genießt also weiterhin das Vertrauen des Aufsichtsrats. Das wird er auch brauchen, denn er muss in den nächsten Jahren die schwer angeschlagene Bank radikal verkleinern und dadurch lebensfähig machen.
Sanierungsplan für Hypo nicht glaubhaft
Den Sanierungskurs muss auch noch die EU-Kommission in Brüssel absegnen. Doch die Brüsseler Wettbewerbshüter haben noch immer massive Zweifel am Restrukturierungsplan. Eine nachhaltige Sanierung sei nicht glaubhaft skizziert, schreibt sie in einem Brief, aus dem das Nachrichtenmagazin "Format" Anfang Juli zitiert.
Bank in schwieriger Lage
Falls die EU-Kommission nicht zustimmt, droht ein Verfahren wegen unerlaubter staatlicher Beihilfen. Denn die Hypo musste mit hunderten Millionen Euro an Steuergeld gerettet werden. Johannes Ditz sagt dazu: "Es ist ein ambitioniertes Konzept. Die Bedingungen in Südost-Europa sind schwierig, aber wir sind überzeugt, dass das Konzept plausibel ist. Wir haben es gegenüber der EU vertreten. Und natürlich hinterfragt die EU dort, wo Subventionen geflossen sind." Der Aufsichtsratschef der Hypo zeigt sich zuversichtlich, dass bis Ende des Jahres grünes Licht für den Sanierungsplan aus Brüssel kommt.