Rechtmäßige Besitzer bei 50 Objekten gesucht
Joanneum legt Restitutionsbericht vor
Das steirische Universalmuseum Joanneum legt nun den zweiten Restitutionsbericht vor. 70 Objekte waren nach Abschluss des ersten Berichtes von 1999 als "bedenklich" eingestuft worden. Davon konnten 28 Objekte seitdem zurückgegeben werden.
8. April 2017, 21:58
Rückgabe steht an
Seit zwölf Jahren beschäftigt sich das steirische Universalmuseum Joanneum in einer eigenen Arbeitsgruppe mit der Geschichte seiner Sammlungen während und nach der Zeit des Nationalsozialismus. Zehn Jahre nach Veröffentlichung des ersten Restitutionsberichtes, in dessen Zentrum der Erwerb von Kunstobjekten aus "beschlagnahmten" jüdischen Sammlungen stand, liegt nun ein weiterer Bericht vor. Der rund 230-seitige Band wurde am Mittwoch in Graz präsentiert.
Rund 70 Objekte der Sammlungen des Universalmuseum Joanneum wurden nach Abschluss des ersten Restitutionsberichtes im Jahr 1999 als "bedenklich" eingestuft. Seither hat das steirische Museum 28 Objekte der Alten Galerie, der Neuen Galerie, der Kulturhistorischen Sammlung und der Münzensammlung zurückgegeben, schilderte Joanneum-Direktor Wolfgang Muchitsch. Bei zwei Restitutionsfällen sei die juristische Bestätigung der Erbfolge gerade erfolgt und die Rückgabe stehe an. "Während die ersten Objekte aus großen, gut dokumentierten Sammlungen stammten und mit Unterstützung der Israelitischen Kultusgemeinde relativ leicht abzuschließen waren, gestaltet sich dies bei den nun noch vorliegenden kleineren, unbekannten Sammlungen oftmals sehr schwierig", schilderte Muchitsch die aktuelle Herausforderung.
Highlights unter den Restitutionen
Unter den bisher schon restituierten Objekten waren Highlights der Sammlungen wie Egon Schieles "Hafen von Triest" (aus der Neuen Galerie) oder der sogenannte Straußenpokal (aus der Kulturhistorischen Sammlung). Muchitsch betonte, dass im Zuge der verschiedenen Restitutionsgesetze der Nachkriegszeit "rund 95 Prozent" der unrechtmäßig erworbenen Kulturgüter" bereits zurückgegeben worden seien. Verblieben seien "einzelne 'herrenlose' Kunstgüter beziehungsweise solche, die ihren ursprünglichen Besitzerinnen und Besitzern für die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen abgepresst worden waren, in Sammlungen und öffentlichen Museen".
Noch kein Endbericht
Der erste Forschungsbericht sei die Grundlage für die ersten Rückgaben seit dem Jahr 2000 gewesen, schilderte Karin Leitner-Ruhe, Beauftragte für alle Fragen der Restitution am Joanneum. Der nun vorliegende Band fasst den damaligen Forschungsstand zusammen, aktualisiert ihn und gibt über die bisher erfolgten Restitutionen Auskunft. "Es ist allerdings kein Endbericht, sondern ein Papier, das sich immer noch weiterentwickelt", betonte Leitner-Ruhe. "Unser Erkenntnisstand hat sich verändert. Objekte, die wir vor zehn Jahren beispielsweise als bedenklich klassifiziert haben, können jetzt als 'eindeutig bedenklich' eingestuft werden", resümierte die Beauftragte.
Was sie besonders betroffen macht: "Dass um die Rückgabe der Objekte nach 1945 erneut gefeilscht wurde, dass erneut versucht wurde, interessante Stücke in den Sammlungen zu halten, und zwar wieder unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten. In Wirklichkeit bemühte man sich immer noch, von der Entrechtung der jüdischen Bevölkerung zu profitieren", so Leitner-Ruhe.
Das Joanneum war das erste Landesmuseum in Österreich, das Objekte von zweifelhafter Herkunft auch im Internet publiziert hat: Aktuell sind rund 50 derartige Objekte auf der Website verzeichnet.
Text: APA/Red.
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Museum Joanneum - Restitution