EU-Kommission schweigt
Sarkozy drängt auf EU-Hilfstruppe
Aufgrund zahlreicher Naturkatastrophen fordert der französische Präsident eine EU-Eingreiftruppe für Notfälle. Frankreich sei bereit, militärischen Mittel zu mobilisieren. Die EU-Kommission hat im Jänner während der Erdbebenkatastrophe in Haiti in Aussicht gestellt, über eine europäische Notfall-Eingreiftruppe zu beraten. Passiert ist bisher nichts.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 16.08.2010
"Speedy Sarko" will Europa mobilisieren
Bei Naturkatastrophen im EU-Ausland ist Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy rasch zur Stelle. Den Spitznamen "Speedy Sarko" hat er nicht zuletzt wegen seines Einmischens in Probleme außerhalb der EU erworben. Doch nicht nur Frankreich, sondern ganz Europa solle sich im Katastrophenfall engagieren, fordert Sarkozy. In einem Brief an Kommissionpräsident Barroso am Wochenende verlangt Sarkozy, dass angesichts der Überflutungen in Pakistan alle Europäer mobilisiert werden müssten. Millionen von Menschen sind seit den Überschwemmungen obdachlos und es drohen Seuchen auszubrechen.
Pakistan mit militärischen Mitteln helfen
Bei der Pakistanhilfe treibt Sarkozy Europa vor sich her. Frankreich sei bereit, militärische Mittel zu mobilisieren, lässt Sarkozy wissen. Im Rahmen der NATO könnte mit Schiffen und Flugzeugen internationale Hilfe nach Pakistan gebracht werden. Diese europäische Hilfe würde außerdem Wiederaufbaumaßnahmen in Pakistan einleiten, die als Instrument der Stabilität in dieser Region nötig werden.
Vorschlag zu EU-Hilfstruppe besteht schon länger
Grundsätzlich brauche es ein echtes europäisches Reaktionsvermögen auf Krisen und Katastrophen wie in Pakistan, also eine EU-Eingreifmission. Der Vorschlag Frankreichs ist nicht neu. Erst letzte Woche hat der EU-Staatssekretär die Einsetzung einer europäischen Notfalltruppe gefordert, die bei der Bekämpfung der gefährlichen Brände in Russland helfen soll. Auch nach dem Erdbeben in Haiti im Jänner hat Frankreich eine solche EU-Hilfstruppe vorgeschlagen.
Keine Äußerung der EU
Damals hat selbst EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy eine humanitäre Eingreiftruppe als "wünschenswert" bezeichnet. EU-Kommissionspräsident Barroso hatte Ende Jänner in Aussicht gestellt, dass dieser Vorschlag geprüft werde. Seitdem ist viel Zeit verstrichen und zahlreiche Naturkatastrophen sind niedergegangen. Doch die EU-Kommission hat sich weder positiv noch negativ zu diesem Vorschlag geäußert.
Problem der Zuständigkeit
Das Problem ist generell, dass Katastrophenhilfe eine Querschnittsmaterie ist. Einerseits betrifft es die hohe Repräsentantin Catherine Ashton, die ja Europas Außenpolitik repräsentiert, andererseits gilt es, die koordinierte EU-Hilfe auch zu finanzieren, was wieder einen anderen EU-Kommissar beschäftigt. Kleine Fortschritte meldet die ebenso betroffene EU-Kommissarin für Krisenmanagement, Kristalina Georgiewa. Sie arbeitet seit ihrem Amtsantritt im Februar an einer verbesserten, koordinierteren Katastrophenhilfe. Von einer EU-Eingreiftruppe ist nicht die Rede. Im Zentrum stehen dabei auch Naturkatastrophen, die durch den Klimawandel ausgelöst werden. Wann der Vorschlag der EU-Kommissarin fertig sein könnte, steht derzeit nicht fest. Ihr Sprecher wollte sich nicht einmal auf eine Jahreszahl festlegen.
Sarkozy kritisiert Außenauftritt der EU
Währenddessen prescht Frankreich weiter vor. Der Brief, den Nicolas Sarkozy an Kommissionspräsident Barroso geschrieben hat, schließt mit den Worten: "Frankreich wird demnächst entsprechende Vorschläge vorlegen. Eines zeigen die Naturkatastrophen und die Forderungen Frankreichs: Europa ist derzeit offenbar noch weit entfernt, von einer koordinierten, effektiven Hilfeleistung. Und auch bei Europas politischen Auftritt nach außen, der europäischen Außenpolitik, mangelt es nicht nur am Feinschliff."