Heißer Kandidat für den Montblanc Award

Mary in Salzburg

Nach der am Mittwochabend vom Publikum gefeierten Premiere von Jean Racines "Phädra" im Salzburger Landestheater findet am Donnerstagabend mit "Mary Mother of Frankenstein" im Rahmen des Young Directors Project die endgültig letzte szenische Premiere der heurigen Salzburger Festspiele statt.

Mythos ohne Überschwang

Das Stück beschäftigt sich - wie die meisten Produktionen dieses Salzburger Sommers - mit dem Thema Mythos. Es geht um den Mythos Frankenstein und seine Schöpferin Mary Shelley. "Mary Mother of Frankenstein" heißt der Theaterabend im republic im Rahmen des "Young Directors Project".

Die Inszenierung des jungen belgischen Regisseurs Claude Schmitz ist am bewegten Leben der Mary Shelley interessiert, aber dabei weit mehr als eine biographische Studie zu Mary Shelley, ihrer Beziehung zu dem früh verstorbenen Gatten und Dichter Shelley und zu dessen Busenfreund Lord Byron.
Sie ist mehr als jener romantische Überschwang, in dem die drei am Genfer See fernab von England die Utopie eines neuen befreiten Lebens durchsetzen wollten, auch mehr als der Schöpfungsmythos um die Figur Frankenstein, die Mary Shelley gleichsam als Ersatz für den Verlust des eigenen Kindes schuf. Es geht um Schöpfungsmythen im Allgemeinen; Prometheus darf hier ebenso auftreten wie drei geheimnisvolle Ärzte, die an einem neuen Menschen herumdoktern.

Mittagsjournal, 19.08.2010

Hochkomplexe Arbeit

Der Belgier Claude Schmitz hat mit englischen und französischen Schauspielern an einem fast musikalischen, dichten Netz gearbeitet, das voll von Bezügen und Verweisen ist: Sie treten in historischen Kostümen auf einer mit schwarzem Samt überzogenen weiten Bühne auf und mit vielen filmischen Einsprengseln, die von der Dokumentarfilmerin Marie-France Collard beigesteuert wurden. Den Anfang des Theaterabends macht ein Stummfilm einer Geburt, dann tritt auch ein kleines Mädchen auf.

Claude Schmitz weiß, dass es sich bei "Mary Mother of Frankenstein" um eine hochkomplexe theatrale Arbeit handelt, und er rechnet nicht damit, bei den Salzburger Festspielen den Montblanc Award des Young Directors Project zu bekommen.

Aussicht auf Preis

Die Aussichten von Claude Schmitz auf Preisgeld und Max Reinhardt - Feder stehen aber gar nicht so schlecht - vor allem nach dem Flop mit Jon Fosses "Tod in Theben" der Regisseurin Angela Richter ist nur das Spektakel "Notre terreur" über die französische Revolution des Pariser Regisseurs Sylvain Creuzevault ein ernstzunehmender Konkurrent.

Die Jury wird ihre Entscheidung an Samstag bekannt geben.

Service

Salzburger Festspiele - Mary Mother of Frankenstein
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