Kroatischer Ex-Premier unter Verdacht

Sanader, die Hypo und die Korruption

Im Fall Hypo Alpe Adria Bank erhärten sich die Verdachtsmomente gegen den früheren kroatischen Ministerpräsidenten Ivo Sanader. Jetzt sind in Kroatien angeblich belastende Dokumente aufgetaucht.

Mittagsjournal, 25.08.2010

Heftige Debatten in Kroatien

Welche Rolle spielte der ehemalige kroatische Ministerpräsident Ivo Sanader beim Einstig der Hypo-Alpe-Adria-Bank in Kroatien und hat Sanader auch persönlich von diesem Einstieg profitiert? Diese Frage wird seit Wochen in Kroatien äußerst heftig debattiert. Auf der einen Seite bestreitet Sanader vehement eine angebliche Provisionszahlung durch einen Kreditnehmer der Hypo. Auf der anderen Seite steht in Kroatien ein Journalist, der Dokumente vorgelegt hat, die eine derartige Zahlung bestätigen soll.

Geschäfte seit 1990

Der Einstieg der Hypo-Alpe-Adria-Bank in Kroatien begann 1990 mit kleineren Leasing-Geschäften in Istrien. So richtig in Schwung kam die Geschäftsbeziehung jedoch erst drei Jahre später während des Krieges in Kroatien. Die damaligen Umstände schilderte der ehemalige Chef der Hypo, Wolfgang Kulterer, bei einer TV-Debatte im kroatischen Staatsfernsehen im November 2006 so:

„Im Jahre 1993 flog ich mit einem Hubschrauber nach Kroatien, weil es mit dem Flugzeug noch nicht möglich war. Ich kam hierher mit dem Präsidenten der Hypo-Tirol, der mich über die Notwendigkeit informiert hatte, in Kroatien zu investieren. 1994 finanzierten wir für das kroatische Außenministerium die Botschaften in London, Paris, Rom, Madrid und Moskau. Damals traf ich zum ersten Mal Ivo Sanader, und ab da hatte ich Beziehungen zu allen Regierungen in Kroatien.“

Schlüsselfigur Sanader

Ivo Sanader war als Kabinettschef von Staatspräsident Franjo Tudjman und als Mitarbeiter von Außenminister Mate Granic in Kroatien bestens vernetzt. Außerdem sprach Sanader durch seinen Studienaufenthalt in Innsbruck fließend Deutsch und hatte bereits entsprechende politische Kontakte geknüpft. Nach Angaben ehemaliger Hypo-Manager und kroatischer Journalisten soll in Österreich der damalige Außenminister Alois Mock (ÖVP) erste Kontakte zwischen der Hypo und Kroatien vermittelt haben. All das ist durchaus nichts Ehrenrühriges.

Stein des Anstoßes ist die Zeugenaussage von Milena Senator im August 2000 in Agram. Senator war die Finanzchefin des Tycoons Miroslav Kutle, der über beste Kontakte zur Regierungspartei HDZ verfügte. Kutles Globus-Gruppe soll 1996 einen Kredit von vier Millionen DM von der Hypo bekommen haben. Als Vermittlungsprovision soll Kutle an Sanader 800.000 DM bezahlt haben. Die von Milena Senator vorgelegt Liste der angeblichen Geldempfänger und ihre Zeugenaussage blieben fast zehn Jahre unbeachtet. Ausgegraben hat sie vor einigen Monaten der Journalist Goran Malic. Ihre Brisanz beschreibt Malic so:

„Da werden etwa 50 Personen genannt, denen Miroslav Kutle zwischen 50 und 60 Millionen DM binnen zwei Jahren schwarz ausbezahlt hat. Das Geld stammt aus Firmen, die Kutle durch die Privatisierung praktisch geschenkt bekam. Das sind Personen, die heute als Eigentümer von Medien bekannt sind, einige Generäle, angesehene Bankiers, die Kutle Kredite gewährten und Bestechungen angenommen haben. Hinzu kommen einige Politiker wie Ivo Sanader. Das ist eine bunte Mischung aus einflussreichen Personen, von denen es einige bis ganz nach oben geschafft haben.“

Keine juristischen Ermittlungen

Ivo Sanader hat entschieden dementiert jemals Provisionen für die Vermittlung von Krediten der Hypo-Alpe-Adria angenommen zu haben. Die angekündigte Klage gegen Goran Malic hat Sanader aber bis heute nicht eingebracht. Miroslav Kutle bestritt wiederum, jemals Kredite von der Hypo erhalten zu haben. Dieser Darstellung hat ein ehemaliger Manager der Hypo in einem vertraulichen Gespräch widersprochen. Unklar ist auch, warum die kroatische Justiz der Zeugenaussage von Milena Senator zehn Jahre lang keine Taten folgen ließ. Denn mangelnde Aufklärung schadet nicht nur dem Ruf von Ivo Sanader sondern auch dem Image von Kroatien, das auf dem Weg Richtung EU noch zeigen muss, dass es den Kampf gegen die Korruption tatsächlich kompromisslos führt.