Justiz-Staatssekretär verteidigt Maßnahme
F: Roma-Abschiebungen zur Integration
In Frankreich reißt die Kritik an der Sicherheits-Offensive und an der Roma-Politik von Präsident Sarkozy nicht ab. Sogar mehrere Regierungsmitglieder haben ihren Unmut gezeigt. Der französische Justiz-Staatssekretär Jean-Marie Bockel kommt selbst aus dem sozialistischen Lager. Er verteidigt aber die Roma-Abschiebungen. Denn so der Politiker, sie dienen der besseren Integration.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 04.09.2010
Linker Konservativer
Als er noch Sozialist war, gehörte er immer zum rechten Flügel seiner Partei. Seit ihn Präsident Nicolas Sarkozy in die Regierung gerufen hat, zählt Justiz-Staatssekretär Jean Marie Bockel zum linken Flügel der Konservativen Regierung. Eine Sichtweise, die er auch bestätigt. "Ich gehöre zum Linken Flügel der Regierung und bin auch Vorsitzender einer Partei: La Gauche Moderne, die Moderne Linke. Wir sind sehr empfindlich was die Sicherheitspolitik betrifft".
Roma-Mafia torpediert Eingliederung
Dennoch steht der Justiz-Staatssekretär hinter der Entscheidung von Präsident Sarkozy, straffällig gewordene Roma auszuweisen und illegale Roma-Siedlungen zu schließen. In seiner Begründung beruft er sich auf persönliche Erfahrungen:
"Wenn sie die Situation der Roma nehmen, weil sie dieses Beispiel angesprochen haben, ich kenne es gut. Denn ich war 21 Jahre lang Bürgermeister von Mühlhausen, der zweitgrößten Stadt im Elsass. Ich war bereits in den 90er Jahren, gleich nach dem Mauerfall, mit dem Problem konfrontiert. Es gab furchtbare Lager, menschenunwürdig, schlimmste Zustände, wir kannten das nicht. Wir kannten „das sogenannte fahrende Volk" doch die waren anders. Jetzt gab es plötzlich aggressive Bettler, Kinderprostitution, rasch steigende Kriminalität. Ich war damals auch noch etwas naiv und hatte als Bürgermeister ein illegales Lager schließen lassen. Die Zustände waren dort furchtbar, akute Seuchengefahr.
Nach langen Verhandlungen haben wir sie umgesiedelt. In ein neues Lager, mitten in der Stadt. Sie waren einverstanden. Es gab dort Sanitäranlagen, neue saubere Gebäude. Wir haben die Kinder in die Schule geschickt, das hat übrigens gut funktioniert. Aber, wir haben versagt. Warum: Weil wir einsehen mussten, dass diese Roma, nicht alle aber die, die in diesen Lagern wohnten, wie moderne Sklaven, in den Händen einer zynischen und grausamen Mafia waren. Sie bereichern sich an ihnen und verhindern jegliche Eingliederung. Sie haben sogar das neue Lager verwendet, um ihre Geschäfte besser zu organisieren. Seitdem warten viele Bürgermeister darauf, dass der Staat eingreift. Weil eine Stadt allein kann der Situation nicht mehr Herr werden".
Staat muss eingreifen
"Ich kann ihnen sogar sagen, dass alle Bürgermeister, aus allen politischen Lagern vom Staat diese Ausweisungen fordern", so Bockel weiter. "Alle wissen, dass sie wiederkommen werden, aber nicht unbedingt in dieselbe Stadt, und nicht unbedingt sofort".
"In der Zwischenzeit verschafft das etwas Luft, die Ordnung kann wieder hergestellt werden, die Bevölkerung beruhigt. Das Eingreifen des Staates, und sogar die Polemik, die da geschaffen wird, und die Sensibilisierung was die Roma-Frage betrifft, die wir weder in Frankreich in Rumänien oder wo anders wollen, wird uns vielleicht eine Antwort auf das Problem bringen".
Der französische Justiz-Staatssekretär fordert weitere Maßnahmen im Bereich der Sicherheit, was die Mafiagruppen betrifft, sei das sogar prioritär. Er sei ein Humanist, er sei immer für die Integration gewesen, aber auf diesem Gebiet bleibt er hart.
"Wenn wir einmal dieses Problem der Kriminalität im Griff haben, dann kann die wirkliche Arbeit mit den Roma beginnen. Wir können ihnen dann volle Integration anbieten, sie können sesshaft werden oder wenn sie es wollen, weiterhin Reisende bleiben".
"Es gibt natürlich die jetzige Polemik, doch nachdem sich alles beruhigt hat, werden wir ihre Integration erreichen", sagt der französische Justiz-Staatssekretär.