Justus Neumann interpretiert Siegfrieds Abenteuer
"Nibelungenlied" im Circus Elysium
Mit dem Schiff ist das kleine Zirkuszelt, das seit einigen Tagen im Hof 2 des Museumsquartiers, vor dem Dschungel Wien, aufgestellt ist, aus Tasmanien gekommen. Es ist gelb und rot, erinnert an eine mongolische Jurte und kann etwas mehr als hundert Leute fassen. Der Wiener Schauspieler und Theatermacher Justus Neumann hat es aus seiner fernen Wahlheimat mitgebracht.
8. April 2017, 21:58
Mit dem "Circus Elysium" hat sich Neumann seinen ureigenen, mobilen Theaterraum geschaffen. 2007 gastierte er darin erstmals vor dem "Theaterhaus für junges Publikum" - mit "Catapult", einem Ein-Personen Stück für einen Clown. Nun ist er abermals aus Australien angereist, diesmal mit dem "Nibelungenlied" im Gepäck.
"Sandler" Siegfried
Die germanische Heldensage zu analysieren und zu interpretieren, darum ginge es ihm aber nicht, stellt Justus Neumann klar. Überhaupt sei es für ihn "eigentlich egal, welche Geschichte man erzählt". Wichtig sei es, wie man damit umginge: "Man wählt die Nibelungen, weil sie jeder kennt. Aber die Nibelungen spielen nur eine sekundäre Rolle bei uns. Die Hauptrolle spielt die Fantasie."
Das mittelalterliche Heldenepos stellt Justus Neumann - wie schon zuvor das "Gilgamesch Epos" und die Bibel - im Alleingang dar. Als clownesque, wienerische Sandlerfigur erzählt und spielt er sich durch alle 39 "Aventüren" Siegfrieds, des Drachentöters.
Bühnenbild aus Schrott
Das Bühnenbild für sein "Nibelungenlied" gibt ein Arsenal an rostigem Gerümpel ab. Mit altmetallenen Fundstücken wurden auch sämtliche Rollen - von Drachen bis Walküren - besetzt. Der tasmanische Objektebauer Greg Methé hat einige davon zu archaischen Maschinen zusammengeschweißt, um das komplexe Innenleben der germanischen Helden darzustellen. Eine "Hagenmaschine" etwa, illustriert Verzweiflung und Kampfgeist von Siegfrieds großem Widersacher: In einem rostigen "Magen" grummelt eine Fahrradkette - und zwei Bierdosen gehen mit schwingenden Keulen stoisch aufeinander los.
Einfacher ist Brünhilde gestaltet: Sie wird vom Untergestell einer alten Scheibtruhe gespielt, deren Steher ein imposantes Dekolleté abgeben. Neumann hat sie aus seinem Garten in Australien mitgebracht: "Es ist ein Kunterbunt von lauter Klumpert, das für uns unmittelbar mit dem Nibelungenlied zusammengestimmt hat. Das Mittelalter ist für mich metallisch. Und dieses Gerümpel - Amboss, Wellblech und Maschinen - das ist alles metallischer Natur."
Zahnrad als Tarnkappe
Ein Stück Alteisen reicht im "Circus Elysium" schließlich auch aus, um Siegfrieds magischstes Requisit darzustellen. Das Verschwinden unter der Tarnkappe zu spielen, erschien zunächst als unlösbare Aufgabe - bis sich in der Improvisation ein eisernes Zahnrad fand: "Das hat er sich aufgesetzt - und plötzlich war er weg. Dann schaut er auf der Seite vorbei und er ist wieder da. Ganz einfach: ein Kind hält sich die Augen zu und glaubt, dass es nicht gesehen wird."
Service
Mehr dazu in ORF.at
Kabarett.cc - Justus Neumann