Italien machte Startschuss

Roma: Ausweisungen in ganz Europa

Frankreich steht mit seiner Abschiebung von Roma nicht alleine da, begonnen hat es vor drei Jahren in Italien. Die Roma werden aber auch aus den skandinavischen Ländern ausgewiesen, vor vier Jahren auch aus Slowenien. Die meisten Rom und Sinti leben in Ost- und Südosteuropa. Genaue Zahlen gibt es nicht, nach Schätzungen sind es acht bis zehn Millionen.

Genaue Daten sind schwer zu bestimmen, weil sich viele Roma nicht deklarieren. Nur etwa fünf Prozent von ihnen gehören zum sogenannten fahrenden Volk.

Mittagsjournal, 17.09.2010

Zurück nach Osteuropa

Roma sind in Europa unerwünscht. Das zumindest kann man aus den Aussagen von Politikern schließen. Roma müssen nicht nur Frankreich verlassen, sondern sie werden auch aus Italien, Finnland, Schweden oder Dänemark ausgewiesen. Für die Roma heißt es meist, zurück nach Osteuropa. Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus fristen Roma in diesen Ländern ein unwürdiges Dasein. Denn in der sozialistischen Phase konnten Roma sozial aufsteigen. Die meisten Roma leben in Rumänien, es sind etwa zwei Millionen, in Bulgarien sind es ca. achthunderttausend, ebenso in Ungarn, in der Slowakei lebt etwa eine halbe Million.

Teufelskreis beginnend in der Schule

In den meisten dieser Staaten würden die Roma diskriminiert, wie der Generalsekretär von Amnesty International, Heinz Patzelt sagt. Die Roma würden aus den selbst angelegten Siedlungen vertrieben, die Siedlungen planiert. Sie hätten dann keine Wohnmöglichkeiten mehr, was ihnen dann selbst zum Vorwurf gemacht würde.

Roma werden systematisch ausgegrenzt, die Diskriminierung fange bereits bei den Kindern an, in der Slowakei und Tschechien würden Roma-Kinder häufig in Schulen für geistig Behinderte abgeschoben, betont Patzelt. Das sei ein Teufelskreis, denn es würde dann den späteren Erwachsenen vorgeworfen, keine Ausbildung und keine Jobs zu haben. Tschechien wurde wegen dieser Praxis vor drei Jahren vom europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt.

Nirgends in EU willkommen

Aber nicht nur in den EU-Ländern Osteuropas werden Roma diskriminiert, sondern auch am Balkan. Im früheren Jugoslawien waren die Roma relativ gut integriert und hatten damit vergleichsweise gute Bildungschancen. Nach dem Krieg in den 1990iger Jahren hat sich die Lebenssituation der südosteuropäischen Roma entscheidend verschlechtert.

Obwohl das alles bekannt ist, werden Roma von Deutschland in den Kosovo abgeschoben, im April haben beide Länder ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet. Doch im Kosovo gebe es kaum Unterkünfte und Arbeit für sie, meint Heinz Patzelt. Es sei pervers dorthin Menschen zurückzubringen. Den Kosovo gerade jetzt zusätzlich zu belasten sei menschenrechtswidrig. Es sei ein Skandal, dass die Roma, die größte europäische Minderheit, nirgends in der EU willkommen seien.

Westeuropa bleibt Ziel der Roma

Die Lebensbedingungen der Roma in Ost-und Südosteuropa werden sich auch in Zukunft kaum bessern. Daher werden sie weiterhin nach Westeuropa reisen, denn ein Leben dort erscheint Vielen noch immer verheißungsvoller als ihr erbärmliches Dasein in ihren Heimatländern.