2.500 Kandidaten für 249 Sitze

Afghanistan: Raketen zu Wahlbeginn

Überschattet von Raketenangriffen hat am Samstag die Parlamentswahl in Afghanistan begonnen. Eine Rakete schlug in der Hauptstadt Kabul ein, drei weitere trafen die weiter östlich gelegene Stadt Jalalabad. Offenbar handelte es sich um eine Warnung der radikalen Taliban, nicht an der Abstimmung teilzunehmen.

Die Abstimmung findet unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt, dennoch gelingt es den Taliban, den Urnengang mit zahlreichen Anschlägen zu stören. Bislang sind insgesamt neun Menschen getötet worden

Mittagsjournal, 18.09.2010

Keine Parteien

Die Parlamentswahlen sind die zweiten nach dem Sturz des Taliban Regimes vor knapp neun Jahren. Die internationale Gemeinschaft finanziert den Urnengang mit 117 Millionen Euro. Um die 249 Sitze bewerben sich über 2.500 Kandidaten. Doch wegen der Gewalt im Land bleibt jedes fünfte Wahllokal geschlossen. Offiziell kandidieren keine Parteien, sondern Einzelkandidaten.

Sicherheitslage schlecht

Bis zuletzt kämpfen die Kandidaten. Parteien stehen nicht zur Wahl, eine einheitliche Opposition gibt es nicht. Die radikal-islamischen Taliban boykottieren die Wahl, sie kündigen Anschläge an. Die Sicherheitslage verschlechtert sich weiter. Es wird gekämpft und manipuliert.

Wahlfälschung einberechnet

Da es kein funktionierendes Wählerregister gibt, werde es wie schon im vergangenen Jahr bei der Präsidentenwahl, massive Wahlfälschung geben, sagt Citha Maass von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik. Es gibt 12 Millionen Wähler, aber 17 Millionen Wahlscheine. Und die Wahlbeamten sind vom Netzwerk des Präsidenten bestimmt.

Morgenjournal, 18.09.2010

Kein Druck mehr auf Karsai

Der afghanische Präsident Hamid Karsai wird versuchen, so viele seiner Anhänger wie möglich ins Parlament zu bekommen. Die internationale Gemeinschaft könne keinen Druck mehr auf Karsai ausüben, sagt Citha Maas, denn sie habe sich in Abhängigkeit zu ihm begeben. Man brauche auch diese Parlamentswahl, um sie als Erfolg zu verkaufen, auch um nächsten Jahr tatsächlich aus Afghanistan abzuziehen.

Karsai-Clan bleibt an der Macht

150.000 ausländische Soldaten sind derzeit in Afghanistan stationiert. Gekommen waren sie, um die Einführung der Demokratie zu schützen, doch das sei gescheitert, betont Citha Maas.

Denn Hamid Karsai will nach 2.014 ein drittes Mal kandidieren, obwohl er laut Verfassung nicht mehr antreten darf. Doch Karsai könnte durch ein ihm genehmes Parlament mit einer Verfassungsänderung umgehen. Karsai könnte auch einen Verwandten einsetzen, etwa seinen Halbbruder, der das Opiumgeschäft in Afghanistan kontrolliert. Denn es geht nur darum, dass der Karsai Clan an der Macht bleibt.