Ian McEwans Klimawandel-Roman

Solar

Es ist der erste große Roman über den Klimawandel: "Solar" von Ian McEwan, einer der bedeutendsten Gegenwartsautoren des englischen Sprachraums. Von seinem Roman "Abbitte" wurden drei Millionen Exemplare verkauft.

Kultur aktuell, 29.09.2010

Nachdem 2005 "Saturday", ein weiterer Bestseller, erschienen war, machte sich Ian McEwan auf nach Spitzbergen. Auf einem zugefrorenen Fjord entstand der Plan zu seinem neuen Roman. In diesen Tagen kommt die deutsche Übersetzung von "Solar" in die Buchhandlungen.

Ein widerlicher Protagonist

Michael Beard ist ein wirklich widerlicher Typ. Ian McEwan beschreibt ihn kurz und knapp gleich im ersten Satz seines Romans. Soviel gleich vorweg: Warum schöne Frauen Michael Beard anziehend finden, dieses Rätsel bleibt bis zuletzt ungelöst. Er ist skrupellos, ignorant, unansehnlich, dick, egoistisch und eitel. Er hat eine Vorliebe für fettes Essen, Alkohol und junge Frauen und zehrt von seinem Ruhm als Nobelpreisträger für Physik.

Ian McEwan hat sich - wie er sagt - bewusst für einen Unsympathler entschieden - er sei der ideale Protagonist für eine Satire. Und mit satirischen Mitteln wollte er denn auch den komplizierten Themenkomplex Klimawandel angehen: "Die Wissenschaft kann uns vielleicht etwas erklären oder beschreiben, als Romanautor hilft mir das aber nicht weiter."

Witz und Ironie

Forschungsergebnisse liefern vielleicht interessante Informationen, meint Ian Mc Ewan, aus dem einzelnen aber ein Universum entwickeln - das kann nur der Roman. Hier ist es ein Universum voller Witz und Ironie, in das Ian McEwan seinen Michael Beard eintaucht und er serviert dem Leser nebenbei auch die neuesten Erkenntnisse der Klimaforschung. McEwan hat recherchiert: nicht nur in Bibliotheken, sondern auch auf einer Forschungsreise in die Arktis und bei Klimakonferenzen. Auf einer solchen schlug auch die Geburtsstunde von Michael Beard.

"Der deutsche Physiker Hans Joachim Schellnhuber, der auch Bundeskanzlerin Merkel in Klima-Fragen berät, hat mich zu einer Klimakonferenz nach Potsdam eingeladen - mit lauter Nobelpreisträgern", erinnert sich der Autor. "30 Wissenschaftler, ausschließlich Männer, richtige Alpha Typen, mit unglaublichem Ego. Den Nobelpreis hatten die meisten für Arbeiten bekommen, die schon Jahrzehnte zurücklagen, und es war interessant zu sehen, wie sie im Schatten ihres eigenen Erfolgs lebten, und mit jedem Tag wichtiger wurden, ohne tatsächlich noch etwas für die Wissenschaft zu leisten. Da dachte ich: Das ist es. Ich sollte meinem Protagonisten einen Nobelpreis verpassen.

Die Wirklichkeit des Klimawandels

Ein Roman soll die Wirklichkeit abbilden, sagt Ian McEwan und der Klimawandel ist eine Wirklichkeit, über die hoffentlich noch viele Romane geschrieben werden. In den USA gebe es konservative Politiker, die uns glauben machen wollen, dass die globale Erwärmung eine Idee der Sozialisten sei, um Regierungen mehr Macht zu verschaffen.

"Skeptiker sind wunderbar, wir brauchen so viel Skeptizismus wie möglich, die Wissenschaft lebt davon", sagt McEwan. "Aber jenen, die den Klimawandel leugnen, die offenbar auch viel Geld und Einfluss haben, denen rate ich, geht hinaus und sammelt empirische Daten, schickt eure eigenen Satelliten los und wenn ihr beweisen könnt, dass sich die Erde nicht erwärmt, dann lassen wir die Champagnerkorken knallen."

Service

Ian McEwan, "Solar", aus dem Englischen übersetzt von Werner Schmitz, Diogenes Verlag