Knapp vor Präsidentenwahl in Weißrussland

Russland rückt von Lukaschenko ab

Knapp zwei Monate vor den Präsidentschaftswahlen in Weißrussland wächst der Druck auf den dortigen Präsidenten Alexander Lukaschenko - allerdings nicht aus dem Westen, sondern aus Russland. Der Kreml dürfte offenbar versuchen, seinen ehemaligen Schützling langsam loszuwerden.

Mittagsjournal, 04.10.2010

Stimmung verschlechtert

Früher habe die Führung in der Ukraine versucht, Russland als Feind darzustellen, jetzt mache das die Führung in Weißrussland - dieser Vergleich des russischen Präsidenten Dmitrij Medwedew sollte seinem Kollegen dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko zu denken geben. Seit Monaten wird die Stimmung zwischen den beiden Ländern immer schlechter. Der vorläufige Höhepunkt wurde im Juli erreicht, als eine Dokumentation im halbstaatlichen Fernsehsender NTW Lukaschenko vorwarf, für die Morde an Oppositionellen verantwortlich zu sein.

Direkte Botschaft Medwedews

Auch die Schmutzkübel-Kampagnen gegen den inzwischen abgesetzten Moskauer Bürgermeister Luschkow begann mit einem Film auf NTW. Jetzt spricht Präsident Medwedew dieses Thema persönlich an:

Der weißrussische Präsident sollte sich um die inneren Probleme seines Landes kümmern, unter anderem um die Untersuchung der vielen Fälle in denen Menschen verschwunden sind. Russland und anderen Ländern ist das nicht gleichgültig, sagt Medwedew in einer Videobotschaft, die auf seiner Homepage veröffentlicht worden ist. In dem Video lobt er zuerst die jahrhundertealte freundschaftliche Beziehung der Russen und Weißrussen, betont dann, dass Russland das Weißrussische Volk wirtschaftlich massiv unterstütze, allein im vergangenen Jahr mit Gütern im Wert von mehr als zwei Milliarden US-Dollar. All das trotz der feindlichen Haltung des Präsidenten.

Sessel Lukaschenkos wackelt

Der Versuch für die Öffentlichkeit einen äußeren Feind zu konstruieren war immer eine Besonderheit der weißrussischen Führung. Aber früher waren das Amerika, Europa, überhaupt der Westen, jetzt ist der Hauptfeind jetzt Russland. Präsident Lukaschenko hat in seinen Äußerungen nicht nur die Regeln der Diplomatie verletzt, sondern des grundsätzlichen menschlichen Anstandes", sagt Medwedew - in seiner Videobotschaft gibt es übrigens mehrere Anspielungen auf die Absetzung des Moskauer Bürgermeisters Luschkow.

Die weißrussischen Behörden haben im Gegenzug am Wochenende mehrere Männer verhaftet die beschuldigt werden, Geld aus Russland an die weißrussische Opposition weitergegeben zu haben. Noch vor wenigen Monaten sah es so aus als sei die Wiederwahl Lukaschenkos reine Formsache. Der Druck aus Russland macht aber klar, dass sich Lukaschenko erstmals seit fast 20 Jahren echte Sorgen um seinen Posten machen muss.

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Blog Markus Müller, ORF Korrespondent Moskau