Wien-Erfolg keine Eintagsfliege
Politologen: FPÖ-Vormarsch geht weiter
Der Erfolg der FPÖ wird nicht auf Wien beschränkt bleiben, sind sich Politik-Experten einig. Sie halten es für durchaus möglich, dass die Freiheitlichen auch bundesweit wieder auf über 25 Prozent kommen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 11.10.2010
Wieder erholt von Knittelfeld
Großer Gewinner der gestrigen Wahl war ganz klar die FPÖ. Sie erreichte ein sattes Plus von über 12 Prozentpunkten und landete auf fast 27 Prozent. Die Freiheitlichen sind in den letzten Jahren arg gebeutelt worden: Angefangen von der Selbstmontage in Knittelfeld im Jahr 2002 über die Abspaltung des BZÖ im Jahr 2005 hat sie einige Tiefen erlebt. Tiefen, von denen sie sich jetzt augenscheinlich erholt hat.
Versagen der Regierungsparteien
Die Stärke der FPÖ besteht auch in der Schwäche der anderen. Die Freiheitlichen haben auf das richtige Thema gesetzt, sind sich die Experten einig, und dieses Thema lautet Migration und Integration. SPÖ und ÖVP hätten da noch keine klare Linie gefunden, das steht für Anton Pelinka fest. "Hier ist ein Versagen der beiden Regierungsparteien deutlich."
Richtige Fragen aufgeworfen
Auch Katrin Stainer-Hämmerle sieht im gestrigen Wahlerfolg der Freiheitlichen eine Ohrfeige und Mahnung für SPÖ und ÖVP auf Bundesebene, die Diskussionen über Reformen auf die lange Bank geschoben hätten. Da könnten die Freiheitlichen Enttäuschte abholen, indem sie die richtigen Fragen im Wahlkampf gestellt habe.
"Wieder wie in den späten 90ern"
Das Migrationsthema war der Schlüssel zum Erfolg der FPÖ, ist sich auch Fritz Plasser sicher. Generell habe sich die FPÖ von den Krisen der vergangenen Jahre erholt und restrukturiert. Sie habe nun wieder jene Schlagkraft und Mobilisierungsfähigkeit, "um Proteststimmen und Ressentiments in Bewegung zu setzen wie in den späten 90er-Jahren unter dem verstorbenen Doktor Haider".
Strategisches Dilemma
Anton Pelinka sieht die FPÖ aber trotz aller Zugewinne in einem strategischen Dilemma: "Da bleibt wieder nur die Alternative wie schon vor zehn Jahren: Entweder versucht sie in die Regierung zu kommen mit dem großen Risiko, dann wieder abzustürzen, oder ewig Opposition zu sein und das ist ja auch kein erschöpfendes Programm."
Keine Eintagsfliege
Wie dem auch sei, bei einem sind sich die Experten einig: Die gestrige Wahl war keine Eintagsfliege. Ähnliche Ergebnisse wie die 27 Prozent in Wien seien auch anderswo machbar, so Pelinka. Wollen SPÖ und ÖVP diesen Höhenflug stoppen, so müssten sie das Integrationsthema offensiv angehen, so die Experten - mit einem Schwerpunkt auf Bildung, so Katrin Stainer-Hämmerle. Die Wähler müssten wieder Vertrauen fassen, dass die Regierungsparteien Probleme ernstnehmen und angehen.
Übersicht
- Wien-Wahl 2010