Künstlerin arbeitet unter Hochdruck
Atelierbesuch bei Brigitte Kowanz
Brigitte Kowanz hat speziell für das Kunsthistorische Museum eine Ausstellung konzipiert: In ortsspezifischen Installationen thematisiert sie die Schnittstellen zwischen alter und neuer Kunst und untersucht den Raum als Ort der Interaktion.
8. April 2017, 21:58
Zu sehen sein werden in dieser Ausstellung Arbeiten von Kowanz' erfolgreichen Absolventen wie Constantin Luser oder Julie Monaco, während Brigitte Kowanz eigene Arbeiten unter Hochdruck für weitere Ausstellungen vorbereitet: Im Mai hat sie eine Ausstellungsbeteiligung in Moskau und für die Zeit danach müssen Ausstellungen für New York und Rom vorgeplant werden.
Unendliche Reflexionen
In ihrem Atelier im 2. Wiener Bezirk bereitet Brigitte Kowanz die Ausstellungen in aller Welt vor. Sie sitzt da an einem ganz normalen Schreibtisch, den Hund zu Füßen und macht Skizzen für die geplanten Ausstellungen. Zwei Assistentinnen im Nebenraum zeichnen die Detailpläne und beantworten Fragen der Ausstellungsmacher, zum Beispiel wie denn bitte die Vitrinen zu konzipieren seien?
Die Kunstwerke von Brigitte Kowanz sind nicht leicht zu durchschauen: Es sind Objekte, die sich aus Spiegeln und Neonröhren zusammensetzen und durch unendliche Reflexionen den Raum ins Endlose erweitern. Im Vorraum wird gerade ein solches Objekt eingepackt, das an einen Sammler verschickt werden soll: Durch die Distanz zwischen gegenüberliegenden Spiegelflächen ergibt sich die Verkleinerung eines Schriftzugs, die diesen in tausendfacher Wiederholung reflektieren. Es entsteht eine enorme Tiefenwirkung. Auch zwischen parallel liegenden Spiegeln entsteht die Reflexion, ein gekrümmter Spiegel erzeugt noch einmal einen gekrümmten Raum.
Ein altes Gasthaus als Atelier
Ich habe eine gewisse Hoffnung, das Funktionieren dieser geheimnisvollen Objekte zu verstehen, als Brigitte Kowanz mit mir in ihre Werkstatt außerhalb von Wien fährt, wo diese Kunstwerke zusammengebaut werden. Sie führt mich durch den ebenerdigen Bau, der zuletzt als Gasthaus gedient hat und über einen schönen Garten mit Bäumen verfügt.
Brigitte Kowanz erklärt angesichts eines noch im Bau befindlichen Objektes, worum es ihr in ihren Arbeiten prinzipiell geht. Momentan strahlt das Ding ja noch nichts von seinem Glanz eines Leuchtobjektes aus, sondern wirkt mehr wie eine Schachtel, in der etwas Elektromüll montiert wird. Einerseits gehe es um die Erweiterung des Raumes und andererseits damit verbunden immer um die Auflösung von Raumgrenzen, so Kowanz. "Wenn das Licht hinter diesem Zwei-Weg-Spiegel aktiviert ist, wird die Scheibe transparent", erklärt sie.
Die beiden Assistenten drehen gerne die Musik ganz laut auf, um die eigenen Arbeitsgeräusche nicht so zu hören. Auf die Frage, welche Ausbildung sie hätten, um diese erfinderischen oder elektrotechnischen Arbeiten hier durchzuführen antworten der eine, diese Arbeit könne man nicht wirklich lernen, es sei eine Verbindung "von verschiedenen handwerklichen Tätigkeiten aus dem Bereich Glas, Elektronik, Elektrotechnik, Feinmechanik". Sein Kollege hat Kunstgeschichte studiert und immer schon großes Interesse gehabt, am künstlerischen Prozess mitzuarbeiten, wie er sagt.
Sich durchbeißen können
Brigitte Kowanz selbst hat anfangs alleine gearbeitet und dann bei ihrem Studium der Bildhauerei auch viele Arbeitstechniken kennengelernt. Nach Beendigung des Studiums konnte sie aber noch lange nicht von ihrer Kunst leben und arbeitete als Regieassistentin beim Film, hat Ausstellungskataloge gestaltet und zwei bis drei Jahre in einer Mittelschule Zeichnen und Werken unterrichtet. Als wir im strömenden Regen nach dem Werkstattbesuch wieder nach Wien zurückfahren, erklärt Kowanz:
"Die Hartnäckigkeit, das Dranbleiben an der Arbeit ist ein ganz wichtiges Qualitätskriterium auch für einen Künstler. Ich kannte auch gute Künstler, die Tiefs nicht verwinden konnten, denen der Weg zu langatmig und zu trocken war und die dann aufgegeben haben."
Und so braucht es eben zu all dem konzeptionellen und visionären Geschick, den in Italien gefertigten bunten Neonröhren, den Bohrern und Sägen auch eine ganze Portion Hartnäckigkeit, damit am Ende diese faszinierenden Lichtobjekte in den Ausstellungen stehen. Kunstwerke, die mit ihrer unendlichen Strahlkraft und optischem Trug alle Raumkonventionen auflösen. Und im Publikum verwunderte Begeisterung hervorrufen.
Textfassung: Ruth Halle