Seit 2006 im Koma

Israels Ex-Premier Sharon nach Hause verlegt

Der frühere israelische Regierungschef Ariel Sharon ist nach mehr als viereinhalb Jahren im Koma nach Hause verlegt worden. Auch dort wird der Ex-Premier von einem kompletten medizinischen Team versorgt. Der heute 82-Jährige befindet sich seit einer Reihe von Schlaganfällen Anfang 2006 im Koma.

Mittagsjournal, 12.11.2010

Israels Politik mitgeprägt

Jahrzehntelang war er im Mittelpunkt von Kontroversen gestanden und hatte die israelische Politik mitgeprägt, am Ende seiner Karriere war er ein dominanter, populärer und scheinbar unersetzlicher Premierminister – inzwischen haben die Israelis ihn aber schon ein bisschen vergessen. Heute haben sie sich wieder an Ariel Sharon erinnert, weil er nach fast fünf Jahren erstmals aus dem Spital nachhause geschickt wurde.
Das heißt aber keinesfalls, dass es dem nun 82 Jahre alten Sharon etwa besser gehen würde.

Wechsel in vertraute Umgebung

Am 4. Jänner 2006 war er mit massiven Gehirnblutungen in ein Jerusalemer Krankenhaus eingeliefert worden, mehrere Notoperationen retteten sein Leben, doch aus dem Koma ist Sharon nicht mehr aufgewacht. Zuletzt lag er streng abgeschirmt in einer Rehabilitationsabteilung des Tel-Haschomer-Spitals bei Tel Aviv. Nun soll er zunächst versuchsweise mehrere Wochenenden auf seiner Farm in Süd-Israel verbringen, die vertraute Umgebung könnte ihm gut tun, meint der Spitalsleiter Seev Rothstein: "Unsere Hoffnung ist, dass diese Versuche mit den Wochenenden zuhause erfolgreich sind und so der Weg bereitet wird für die weitere Behandlung von Arik Sharon auf der Farm unter unserer medizinischen Aufsicht."

Ständige Betreuung nötig

Sharon wurde bisher fast täglich von seinen beiden Söhnen besucht, es heißt, dass er auf gewisse Reize reagiert und manchmal die Augen öffnet. Aber er muss weiterhin beatmet werden und braucht ständige Betreuung durch spezialisierte Ärzte und Schwestern – der Staat steuert dazu jährlich nicht weniger als 320.000 Euro bei. Zudem muss Sharon als Ex-Premier auch bewacht werden. Allein die Überführung in einem großen Ambulanzwagen im Morgengrauen war eine aufwändige logistische Operation, die von Polizisten und Geheimdienstleuten begleitet wurde.

Zusammenbruch mitten im Wahlkampf

Sharon war als ein zu Abenteuern neigender militärischer Haudegen bekannt geworden, als Politiker spielte er eine umstrittene Rolle im Libanonkrieg der frühen 80er Jahre und als Schirmherr der Siedlerbewegung. Am Höhepunkt seiner Macht verblüffte der frühere rechte Falke dann Freund und Feind, als er plötzlich die Richtung wechselte. Er setzte Israels Abzug aus dem Gasastreifen durch und gründete die Zentrumspartei Kadima. Sharons Wiederwahl galt als völlig sicher, doch mitten im Wahlkampf kam der gesundheitliche Zusammenbruch.

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