Politologen sehen keine Gewinner
Patt-Situation im Lehrerstreit
Im Streit um eine Schulreform liegen derzeit die Meinungen der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP weit auseinander. Die ÖVP hat sich auf eine Verländerung der Schulen festgelegt, die SPÖ will hingegen alle Lehrer in Bundeskompetenz sehen. Politikwissenschafter sehen das als klassische Patt-Situation, bei der es keinen Gewinner geben kann: weder zwischen SPÖ und ÖVP noch zwischen Bund und Ländern.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.11.2010
Filzmaier: Führungskompetenz leidet
Der Streit um die Schule sei eine Machtfrage zwischen Bund und Ländern, sagt der Politikwissenschafter Peter Filzmaier von der Donau-Universität Krems. Wobei sich Finanzminister und ÖVP-Chef Josef Pröll mit seinem gemeinsamen Auftritt mit den vier ÖVP-Landeshauptleuten auf Seiten der Länder gestellt hat: offensichtlich habe die parteiinterne Logik die inhaltliche Logik überlagert, so Filzmaier.
Bemerkenswert sei, dass der Konflikt so offen ausgetragen wird. Ohne Einverständnis des anderen können in Schulfragen weder Bund noch Länder, weder ÖVP noch SPÖ, weder Vizekanzler Josef Pröll noch Bundeskanzler Werner Faymann ihre Position durchsetzen. Denn wenn der eine Ja und der andere Nein sage, und es werde dann nichts davon umgesetzt, so zeuge das von wenig Führungskompetenz, so Filzmaier.
Stainer-Hämmerle: Pröll bekommt Kratzer
Für die Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle von der Fachhochschule Kärnten ist erstaunlich, dass hier die Bundes-ÖVP dem Druck der ÖVP-Landeshauptleute so weit nachgegeben habe. Möglicherweise zum Schaden des Parteichefs, dessen Sieger-Image seit dem letzten Jahr Kratzer bekommen habe: Pröll versuche das Ruder mit vier anderen Parteigranden herumzureißen, das mache aber für ihn kein gute Bild, denn er werde als Handlanger der Landeshautleute wahrgenommen.
Karlhofer: Niemand wird gewinnen
Den Vorsitz der Landeshauptleute führt noch bis Ende Dezember Niederösterreichs Erwin Pröll. Er hat sich schon vor dem gemeinsamen Auftritt mit dem Parteichef stark für mehr Länderkompetenzen bei den Schulen eingesetzt. Ferdinand Karlhofer, Vorstand des Instituts für Politikwissenschaften an der Uni Innsbruck sagt: Erwin Pröll wolle vor Ende seiner Periode im Dezember noch einmal Flagge zeigen. Dabei könne die jetzige Kraftprobe niemand gewinnen, sagt Karlhofer. Denn gerade im Schulwesen sei auf Ebene der neun Länder kein Konsens zu erreichen.
Letztlich werde man auf Regierungsebene dann doch wieder über Schulreformen reden müssen, meint der Politikwissenschafter, herauskommen würden dann wohl nur kleinere Änderungen, um einen Gesichtsverslust für ÖVP-Länder und Bund zu vermeiden.