Konflikt Nord / Südkorea

China soll im Koreakonflikt vermitteln

Nach der jüngsten militärischen Eskalation auf der koreanischen Halbinsel werden die Rufe lauter, die China zu einem Machtwort gegenüber Nordkorea mahnen.

Die USA fordern Peking auf, die nordkoreanischen Granatangriffe auf eine südkoreanische Insel zu verurteilen. Und stossen bisher auf taube Ohren. Nordkorea gilt als Verbündeter Chinas. Doch die chinesische Zurückhaltung hat tiefere Gründe

Morgenjournal, 26.11.2010

Peking übt noble Zurückhaltung

Es wäre nicht das erste Mal, dass China sich in nobler Zurückhaltung übt. Wenn Nordkoreas verkommene Machthaber die Muskeln spielen lassen. Wann immer das passiert. Dann reagiert man in Peking verhalten. So auch dieses Mal. Man sei besorgt hieß es am Dienstag kurz nachdem nordkoreanische Granaten auf südkoreanischem Staatsgebiet einschlugen. Man rufe beide Seiten zur Zurückhaltung auf, verlautete am Mittwoch. Später verkündet Premier Wen Jiabao, China lehne jede Form der Provokation auf der koreanischen Halbinsel ab.

Kalter Krieg

Eine klare Verurteilung Nordkoreas, wie sie die USA gefordert hatten, dazu scheint die Führung in Peking nicht bereit. Im Gegenteil: die staatlich kontrollierten Medien brandmarken die jetzt geplanten gemeinsamen Seemanöver der USA und Südkoreas im Gelben Meer als Kriegsspielereien. Ein chinesischer Militärexperte wird mit den Worten zitiert, bei den jüngsten Scharmützeln handle es sich um Überbleibsel aus dem Kalten Krieg, in die sich China nicht einmische. In einem Leitartikel ist gar zu lesen, Nordkorea habe wieder einmal seine Tapferkeit unter Beweis gestellt. Die Krise sei Ausdruck der Unfähigkeit südkoreanischer Politik.

Alles so lassen, wie es ist

Was Chinas offizielle Medien verbreiten ist auf diplomatischer Ebene längst greifbar. Washington und Peking sind gespalten wenn es um den Umgang mit den Despoten in Pjöngjang geht. Erklärungen der Beweggründe Pekings gibt es viele. Ein zunehmend selbstbewusstes China will sich auf internationale Zurufe nicht einlassen laut eine davon. Eine andere: wie Pjöngjang erkennt auch Peking die nach dem Koreakrieg einseitig festgelegte Seegrenze zwischen Nord- und Südkorea nicht an. Dahinter steckt Kalkül: auch China sieht internationale Gewässer im südchinesischen Meer als eigene Einflusssphäre an. Nachbarn und auch die USA berichten von einem zunehmend aggressiven Auftreten der Chinesen in der Region.

Fest steht: Nordkorea ist von Chinas Unterstützung völlig abhängig. Ein Wirtschafts- und Handelsboykott Pekings würde dem Regime in Pjöngjang den Boden entziehen. Und genau daran ist China nicht interessiert. Nicht weil man für die Despotie der Familie Kim viel Sympathien hätte. Sondern weil man im Fall des Zusammenbruchs des Regimes eine Flüchtlingswelle aus dem Nachbarland fürchtet. Und schon gar kein Interesse hätte Peking an einem wiedervereinigten Korea. Gar als Verbündeten der USA, den man dann direkt vor der eigene Haustüre hätte.

Kleine Rüge höchstens

Dass China hinter den Kulissen den Machthabern in Pjöngjang die Leviten lesen wird, darf vermutet werden. Dass man den lästigen Verbündeten aber fallen lässt. Das ist unwahrscheinlich. Wenngleich auch nur aus recht egoistischen Motiven.