Gipfeltreffen in Kasachstan

OSZE: Quo vadis?

In der kasachischen Hauptstadt Astana treffen sich heute Staats- und Regierungschefs aus den 56 OSZE-Ländern zu einem ihrer seltenen Gipfeltreffen. Österreich ist dabei von Bundespräsident Fischer vertreten. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie es mit der 1975 gegründeten Organisation künftig weitergehen soll.

Mittagsjournal, 01.12.2010

Viele Staaten an einem Tisch

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ist die größte regionale Sicherheitsorganisation. Ihr gehören alle Staaten Europas, die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, die USA und Canada an. Das macht sie groß und unbeweglich, gleichzeitig ist sie das einzige Forum, wo wirklich alle an einem Tisch sitzen. Allerdings mit recht unterschiedlichen Vorstellungen, was die OSZE künftig eigentlich leisten soll.

Zu viele offene Konflikte

Russlands Präsident Dmitri Medwedjew etwa fordert eine Modernisierung der OSZE, US-Außenministerin Hillary Clinton verlangt ein stärkeres Engagement der OSZE in Afghanistan.

Moskaus außenpolitische Experten sind skeptisch. Das Treffen ist für sie zuallererst eine starke internationale Anerkennung für Kasachstans Langzeitpräsident Nursultan Naserbajew, dessen Land derzeit den Vorsitz führt. Eine Art Anerkennung für seine Lebensleistung. Der Chef des Moskauer Carnegie Instituts Dmitri Trenin etwa ist der Meinung, dass derzeit nicht der richtige Moment für einen großen Wurf ist:
„Wenn es außenpolitische Fortschritte gäbe, wenn der neue Start-Vertrag ratifiziert wäre, wenn es einen Rahmenvertrag für die Raketenschildpläne gäbe, dann hätte man im Rahmen der OSZE wirklich über die eingefrorenen Konflikte reden können. Die Entwicklung geht aber in eine andere Richtung.“

Standpukte noch weit auseinander

Solche eingefrorenen Konflikte gibt es genug: In Georgien etwa mit Abchasien und Südossetien, in Moldawien mit Transnistrien, aber auch der Streit zwischen Aserbaidschan und Armenien um Berg Karabach ist nach wie vor ungelöst. EU-Ratspräsident Hermann van Rompuy sieht dann auch in der Lösung dieser Regionalkonflikte die oberste Priorität der OSZE. Merkel, Clinton und Rompuy verlangen gemeinsam eine „sinnvolle Präsenz“ der OSZE in Georgien. Russland aber fordert gar eine Anerkennung der staatlichen Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens. Die Standpunkte sind hier wohl noch sehr weit auseinander.

Modernisierung überfällig

Skepsis gibt es in Moskau auch beim Herausgeber der wichtigsten außenpolitischen Zeitschrift Russia in Global Affairs Fjodor Lukjanow: „Ich weiß nicht, was man sich von diesem Treffen erwarten soll, weil die OSZE in viel größerem Maße noch als die NATO eigentlich für eine andere historische Epoche geschaffen wurde.“ Genau diese Modernisierungsaufgabe aber scheint derzeit im Mittelpunkt zu stehen. Ob sie den 56 Mitgliedsstaaten in Astana nun gelingen wird, ist eine durchaus offene Frage.