Aufregung um Österreichs Ergebnisse 2009
PISA: Experte pessimistisch
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat angekündigt, dass die PISA-Studie 2009 für Österreich nur mit Vorbehalt veröffentlicht wird. Österreichs PISA-Verantwortlicher Günther Haider erwartet schlechte Ergebnisse. Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) bleibt gelassen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 02.12.2010
Vorsichtsmaßnahme der OECD
Als reine Vorsichtsmaßnahme bezeichnet Andreas Schleicher, der PISA-Verantwortliche der OECD den Vorbehalt gegenüber den PISA-Daten aus Österreich.
Boykott: 200 Testbögen nicht auswertbar
Der Hintergrund: Im Frühjahr 2009, als die PISA-Tests an den Schulen abgehalten wurden, gab es auch Auseinandersetzungen zwischen Lehrern und Unterrichtsministerin Schmied über die Lehrerarbeitszeit. Die Folge war ein Aufruf zum Boykott der PISA-Tests, der von einigen Schülern tatsächlich befolgt wurde, sodass insgesamt mehr als 200 Testbögen nicht in die Auswertung eingehen konnten. Dennoch blieben mehr als 6.000 gültige PISA-Tests übrig. Die österreichischen PISA-Verantwortlichen halten an der Verlässlichkeit und Richtigkeit der Daten fest. Das bezweifelt auch die OECD nicht. Aber, so PISA-Koordinator Schleicher, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für den PISA-Test 2009 seien anders gewesen als in den Jahren davor.
Österreichvergleich nicht möglich
Der Vorbehalt der OECD gegenüber den Österreich-Daten bezieht sich daher auch nur auf den Vergleich mit früheren PISA-Ergebnissen aus Österreich. Der PISA-Test messe ja die Kenntnisse bestimmter Schüler an einem ganz bestimmten Tag. Er könne nicht wiedergeben, ob die Schüler an diesem Tag schlecht drauf waren, wenig motiviert oder sonst irgendwie abgelenkt. Da diese Gefahr bestehe, habe man eben den Vorbehalt gegen die Vergleichbarkeit der PISA-Ergebnisse Österreichs angemeldet, so die OECD.
Schlechte Ergebnisse erwartet
Österreichs oberster PISA-Verantwortlicher Günter Haider sieht den OECD-Vorbehalt jedenfalls alles andere als gelassen. Die Vorsichtsmaßnahme der OECD lässt für die Ergebnisse laut Haider nichts Gutes erwarten. "Nachdem die Tests selbst, die Durchführung und der Rücklauf korrekt waren und die Daten von der OECD geprüft und uneingeschränkt aufgenommen wurden, kann sich die Spekulation der OECD nur auf die Ergebnisse beziehen", sagt Günter Haider. Zu den Ergebnissen selbst will Haider vor dem 7. Dezember natürlich nichts sagen.
Ergebnisse nicht wertlos
Vergleichbar sind die PISA-Daten Österreichs aus 2009 laut OECD dennoch mit denen aus anderen Ländern. Zwischen Staaten gebe es ja immer Unterschiede, die nicht erfassbar sind, da falle eine gewisse Unruhe in Österreich zur Zeit der PISA-Tests nicht so ins Gewicht, heißt es. Wertlos sind die PISA-Ergebnisse 2009 also nicht. Das erwartete besonders schlechte Abschneiden muss in jedem Fall schulpolitische Konsequenzen haben. Selbst wenn der eine Schüler oder die andere Schülerin sich von unruhigen Zeiten beim PISA-Test beeinflussen hat lassen.
Mittagsjournal, 02.12.2010
Schmied lässt prüfen
Zumindest nach außen hin gelassen nimmt Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) die OECD-Kritik an der österreichischen PISA-Studie zur Kenntnis. Sie will die Ergebnisse und deren Verwertbarkeit jetzt noch einmal durch das Bundesinstitut für Bildungsforschung (BIFIE) überprüfen lassen.
Institut soll Ergebnisse analysieren
"Schauen wir uns jetzt einmal die Daten im Detail an, am 7. Dezember", sagt Schmied. Auch andere Bildungswissenschaftler hier einmal nachprüfen zu lassen, daran denkt Schmied vorerst einmal nicht. Das sei eine Kooperation zwischen OECD und dem BIFIE.
Motivationsprobleme in Einzelfällen
Und haben sich die bildungspolitischen Turbulenzen letztlich negativ ausgewirkt? Kippen Lehrerproteste und Schülerboykott womöglich die PISA-Studie? Schmied dazu: "Es gab die Auseinandersetzung. Wenn es Probleme mit der Motivation in Einzelfällen gegeben hat, dann ist das erklärbar. Und es wichtig darauf hinzuweisen und dem im Detail nachzugehen." Das alles bringt Claudia Schmied sichtlich nicht in Rage - eine entspannte Unterrichtsministerin also.