Einigung in letzter Minute

Kompromiss bei UN-Klimakonferenz

Auf dem Klimagipfel in Cancun hat es eine Einigung gegeben: um vier Uhr Früh und nach einem Eklat mit Bolivien. Größter Erfolg ist, dass die Industrieländer weiter über CO2-Ziele reden wollen, wenn das Kyoto-Protokoll 2012 ausläuft. Das war das Minimum was die Entwicklungsländer erwartet haben und Grundlage für einige wichtige Teilabkommen. Klimaschutzexperte Schleicher zeigt sich im "Journal zu Gast" überrascht vom Konferenzergebnis.

Mittagsjournal, 11.12.2010

Kompromiss in Cancun, Nadja Hahn

Mexiko schaffte Kompromiss

Langer Applaus für Patricia Espinosa, der mexikanischen Außenministerin, die mit diplomatischem Geschick die Konferenz zu einem Ergebnis gebracht hat. Der mit Mühe ausgearbeitete Kompromiss stand bis zuletzt auf der Kippe, weil Bolivien ihn abgelehnt hat, er gehe nicht weit genug um die Erderwärmung zu stoppen, sagt der Delegationsleiter Pablo Solon: wir können jetzt noch Jahre weiterverhandeln, die Menschen erwarten Resultate, sagt Espinosa, und dank einer besonderen Klausel war es möglich, dass Bolivien überstimmt wurde, alle anderen Länder haben den Kompromiss angenommen.

Möglichkeiten offen gelassen

Die Einigung, wenn sie auch bescheiden ist, ist wichtig. Die Industrieländer wollen über fixe CO2-Ziele reden, wenn das Kyoto-Protokoll ausläuft, Details stehen nicht fest, auch nicht welche Länder weiter reden. Damit steht man in den Verhandlungen eigentlich dort, wo man schon vor drei Jahren war. Aber zumindest bleiben alle Möglichkeiten offen, nächstes Jahr beim Klimagipfel in Durban ein konkretes Ergebnis zu erreichen. Es wurde jetzt eine Rettungsleine für den Klimaprozess ausgelegt. Sie muss jetzt von den Politikern aufgenommen werden, um nächstes Jahr den Vertrag abzuschließen, der notwendig sei, sagt Martin Kaiser, Experte für Internationale Klimapolitik bei Greenpeace.

Fonds für Entwicklungsländer

Die Grundsatzeinigung auf CO2-Ziele in der Zukunft war auch die Grundlage dafür, dass Einigungen in einigen Teilbereichen erreicht werden konnten. Der wichtigste Teilerfolg in Cancun ist die Festlegung darauf, dass es einen Fonds geben soll, der die Hilfsgelder der Industrieländer an arme, vom Klimawandel betroffene Länder verteilt. Details stehen noch nicht fest, nur, den Vorsitz sollen sich Industrie- und Entwicklungsländer teilen.

Regenwald und grüne Technologien

Außerdem gibt es ein Abkommen zur Rettung der Regenwälder - und es sollen Institutionen geschaffen werden, die arme Länder darüber informieren, wie sie sich an den Klimawandel anpassen können und wie sie an neue grüne Technologien kommen.

Schleicher: Ergebnis Überraschung

Der Klimaschutzexperte Stefan Schleicher spricht von einem sichtbaren Konferenzergebnis. Die Kompromisstexte seien eine beachtliche Überraschung, allerdings ausgehend von Erwartungen, die bei Null gelegen sind. Die Vision, wohin es mit der Klimapolitik gehen soll, ist deutlicher geworden: die Welt dürfe sich nicht über einen globalen Temperaturanstieg von zwei Grad hinausbewegen, sonst gebe es einen katastrophalen Klimawandel, so Schleicher.

Mittagsjournal, 11.12.2010

"Im Journal zu Gast" Stefan Schleicher, Experte für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Umwelt- und Klimaschutz an der Universität Graz, im Ö1-Gespräch mit Christian Lininger

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