Vor Japan und Frankreich

China bei Highspeed-Eisenbahnen Nummer eins

Denkt man an Hochgeschwindigkeitszüge dann fallen jedem wohl sofort Japan oder Frankreich ein. Doch mittlerweile hat China diesen Ländern längst den Rang abgelaufen.

China verfügt mittlerweile mit mehr als 7.500 Kilometern nicht nur über das längste Hochgeschwindigkeitsnetz der Welt. Sondern es baut neue Hochgeschwindigkeitstrassen auch viel schneller als anderswo. Rund 600 Milliarden Dollar will die chinesische Regierung in den nächsten fünf Jahren in den Ausbau des Schienennetzes pumpen. Viel an Technologie kommt aus dem Westen. Doch China baut und entwickelt seine superschnellen Züge mittlerweile selbst.

Mittagsjournal, 18.12.2010

500.000 Bauarbeiter im Einsatz

Europäische Eisenbahnplaner können angesichts solcher Zahlen nur neidisch werden. Soeben hat man die Gleise auf der 1.300 Kilometer langen Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen Peking und Shanghai fertigverlegt. Gedauert haben die Bauarbeiten am Gleiskörper weniger als zwei Jahre. Beschäftigt waren bis zu 500.000 Bauarbeiter. Die Fahrzeit zwischen den beiden Metropolen soll künftig gut viereinhalb Stunden betragen. Daneben wurde noch kurz eine 200 Kilometer lange Strecke zwischen Shanghai und Hangzhou eröffnet. Fahrzeit: 45 Minuten. Sowie der Bau einer weiteren Strecke zwischen Chengdu und Xian in Zentralchina beschlossen. Für die gut 500 Kilometer soll man nach vier Jahren Bauzeit knapp zwei Stunden benötigen.

Rasanter Ausbau

China verfügt schon jetzt über die schnellsten Züge, das längste Hochgeschwindigkeitsnetz und die ehrgeizigsten Ausbaupläne der Welt. Und das obwohl die erste Hochgeschwindigkeitsstrecke des Landes erst vor zwei Jahren eröffnet wurde. Das brachte offenbar auch die Funktionäre des internationalen Eisenbahnverbands zum Stauen, die dieser Tage erstmals seit der Gründung des Verbands vor fast neun Jahrzehnten, eine Mega-Konferenz außerhalb Europas ausrichten. In Chinas Hauptstadt Peking. Im Eisenbahnland der Zukunft.

In welch kurzer Zeit China sein Hochgeschwindigkeitsnetz aufgebaut hat, das habe es in dieser Form noch nie gegeben sagt Oliver Sellnick, ein hochrangiger Vertreter des internationalen Eisenbahnverbands. Die chinesische Regierung verfolge einen Masterplan. Und der werde innerhalb von fünf Jahren größtenteils verwirklich sein.

Mit westlichem Know-How

Vertreter der großen Eisenbahnnationen, Manager der Weltkonzerne mit Spezial Know-How. Bahnbetreiber. Sie alle sind zum großen Event nach Peking gekommen. China lässt sich und seine Errungenschaften feiern. Bohrende Journalistenfragen sind da nicht gefragt. Die Chinesen würden auf Basis europäischer Technologie jetzt ihre eigenen Züge und Strecken bauen, seien selbst aber wenig innovativ erzählt der Vertreter einer deutschen Ingenieursfirma. Ins Mikrofon will er uns das nicht sagen. Man fürchtet offenbar ums Geschäft. Auch Mitarbeiter chinesischer Unternehmen sind freundlich, wollen aber nichts von Substanz sagen. Machen sich chinesische Firmen europäische Eisenbahntechnologie zu Eigen, um sie dann abgeändert selbst auf den Markt zu bringen?

Auch die Vertreterin eines Weltkonzerns für Elektrotechnik mit Sitz in der Schweiz gibt sich zurückhaltend. "Das ist ein sehr sensibles Thema. Ich kann dazu nicht viel sagen. Nur so viel. Es stimmt, dass viel Know-How aus Europa nach China geflossen ist in diesem Bereich. Aber die Chinesen haben auch selbst viel geforscht und entwickelt. Und ernten jetzt die Früchte dieser Arbeit." Dass man schon bald völlig aus dem chinesischen Markt verdrängt werde, diese Sorge habe ihr Konzern jedenfalls nicht. Man arbeite mit chinesischen Partnern gut zusammen.

Mit 350 Km/h

Die Bevölkerung in China hat bei Großprojekten kaum etwas mitzureden. Das begünstigt die atemberaubende Entwicklung des nationalen Eisenbahnnetzes. Eine Entwicklung mit vielen Opfern. Darüber macht sich auch der Vertreter des internationalen Eisenbahnverbandes keine Illusionen. Die meisten Passagiere werden darüber auch kaum nachdenken, wenn sie in Zügen und auf Gleisanlagen made in China mit 350 Km/h oder noch schneller unterwegs sind. Von einer Großstadt in die Nächste.