Jede Hauptschule soll Neue Mittelschule werden

ÖVP-Schwenk im Schulbereich

"Mittelschule statt Hauptschule, das Gymnasium bleibt" - das ist laut Vizekanzler Pröll (ÖVP) das Herzstück des Bildungsprogramms der Volkspartei, das jetzt in Wien präsentiert wurde. Die ÖVP gibt damit der Forderung von SP-Unterrichtsministerin Schmied und einzelner Landeshauptleute nach, die die Aufhebung der Zehn-Prozent-Grenze bei der Neuen Mittelschule gefordert hatten.

Mittagsjournal, 07.01.2011

Von der Pressekonferenz der ÖVP,

Hauptschulen werden Mittelschulen

Die Diskussion über eine Schulreform bekommt jetzt neuen Schwung: im Frühjahr soll ein Volksbegehren die Politik zum Handeln zwingen, die SPÖ moniert wiederholt und unterstützt von Bildungsexperten die Einführung der Gesamtschule - jetzt reagiert die ÖVP mit einem Bildungskonzept, das der Tradition treu bleibt, also am Gymnasium als Eliteschmiede festhält, aber dem SPÖ-Modell der Neuen Mittelschule entgegenkommt. Parteiobmann Josef Pröll, Wissenschaftsministerin Beatrix Karl und ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger haben das neue Konzept bei einer Pressekonferenz in Wien vorgestellt.

Mittlere Reife mit 14

Voraussetzung für die flächendekcende Neue Mittelschule sei jedoch die Erhaltung der AHS, denn "der Einheitsbrei führt zur Nivellierung nach unten", sprach sich Pröll aber erneut gegen eine gemeinsame Schule bis 14 Jahre aus.

Das VP-Bildungsprogramm sieht zwar weiter ein differenziertes Schulsystem vor, allerdings werden die Schultypen sich ähnlicher werden, so Pröll. In NMS wie AHS soll der Unterricht in Modulen stattfinden, Begabte gefordert und schwächere Schüler gefördert werden. Mit 14 soll in beiden Schultypen die sogenannte Mittlere Reife gemacht werden können, die Voraussetzung für einen Aufstieg in die AHS und Berufsbildende Höhere Schule ist. Wer diese standardisierte Prüfung nicht besteht, kann danach in eine Polytechnische oder Berufsbildende Mittlere Schule (BMS) gehen.

Wegentscheidung erst mit 14

Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP), die federführend an der Erstellung des Konzepts beteiligt war, betonte, dass damit - wie vom Koalitionspartner SPÖ gefordert - die Bildungswegentscheidung künftig nicht mehr mit zehn, sondern erst mit 14 Jahren getroffen wird. Karl hatte sich ursprünglich überhaupt für ein "Gymnasium für alle" ausgesprochen.

Die "Aufwertung" der Hauptschulen zu Neuen Mittelschulen könne schon mit dem kommenden Schuljahr beginnen, so Pröll, die zusätzlichen Kosten von 130 Mio. im Endausbau will er aus dem Budget bestreiten.

Schmied erfreut über Schwenk

Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) zeigt sich erfreut über die Richtungsänderung der ÖVP. Schmied lobt, dass die ÖVP nicht mehr auf der 10-Prozent-Grenze für die Neue Mittelschule bestehe. SPÖ und ÖVP könnten nun gemeinsam etwas schaffen, man dürfe keine Zeit verlieren.

Ein Schritt in die richtige Richtung, so Schmied, allerdings kein großer Wurf, schränkt sie dann im Laufe des Tages ein, und bedauert vor allem, dass es für die ÖVP weiterhin keine gemeinsame Schule bis 14 geben soll.

Mittagsjournal, 07.01.2011

Bildungsministerin Schmied im Gespräch mit

Unterschiedliche Reaktionen

Das ÖVP-Bildungskonzept stösst auf unterschiedliche Reaktionen bei den anderen Parteien. Die Grünen nennen das ÖVP-Konzept Alten Wein in neuen Schläuchen und fordern ebenfalls eine gemeinsame Schule bis 14. Die ÖVP ignoriere die diesbezüglichen Ergebnisse der Wissenschaft und die Meinung der Fachleute, sagt der Grüne Bildungssprecher Harald Walser.

Auch Ursula Haubner vom BZÖ ist für eine gemeinsame Schule bis 14 und sagt, in der ÖVP hätten sich wieder die Betonierer durchgesetzt. Ähnlich die Hochschülerschaft, die fragen lässt, wie viele desaströse PISA-Ergebnisse es noch brauche, bis die ÖVP von bildungspolitischen Steinzeitpositionen abrücke.

Lob gibt es dagegen von Walter Rosenkranz von den Freiheitlichen, für die der Erhalt des bisherigen Gymnasiums ein wesentlicher Punkt war. Auch die Mittlere Reife als neue Prüfung im Alter von 14 wird von der FPÖ begrüßt.

Abendjournal, 07.01.2011

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