"Neue Hauptschule" für alle

ÖVP: Gymnasium als Eliteschule

Zu einer gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen in Österreich kann sich die ÖVP nun doch nicht durchringen. Ministerin Beatrix Karl als Befürworterin ist damit in ihrer Partei endgültig abgeblitzt. Teile der ÖVP wollen das Gymnasium jetzt mittels Eignungs- und Aufnahmeverfahren sogar wieder zur Eliteschule machen.

Mittagsjournal, 02.12.2010

Widerstände zu groß

Seit Monaten tüftelt die ÖVP an einem neuen Bildungskonzept, und Wissenschaftsministerin Beatrix Karl koordiniert das alles. Als Karl sich im Frühjahr via Ö1-Morgenjournal für das "Gymnasium für alle" stark machte - also die gemeinsame Schule der 10- bis 14- Jährigen mit einem neuen Etikett - konnte man noch mit einer Wende in der ÖVP-Bildungspolitik rechnen, doch die kam nicht. Zu groß waren die Widerstände im ÖAAB, aber auch in den Ländern. Die gemeinsame Schule wird nicht ÖVP-Programm werden.

"Pragmatische Lösungen statt ideologische"

Wie zur Bekräftigung ist heute in der Tageszeitung "Die Presse" ein Vorentwurf für das Bildungskonzept aufgetaucht, das Beatrix Karl eigentlich erst Mitte Dezember - nach Vorliegen der neuen PISA-Ergebnisse - präsentieren wollte. Karl will deshalb auch nicht zu dem Thema Stellung nehmen. Wer sehr wohl redet, das sind die Gegner der gemeinsamen Schule. Zum Beispiel ÖAAB-Generalsekretär Lukas Mandl, der erklärt, warum es das "Gymnasium für alle" nicht geben wird: "Wir sollten pragmatische Lösungen anstreben und keine ideologischen, parteipolitischen Wege gehen."

Zusätzlich zum Gymnasium

Mandl setzt auf den flächendeckenden Ausbau der Neuen Mittelschule, die im Modellversuch läuft. Der ÖAAB will diese Neue Mittelschule aber nicht als gemeinsame Schule, wie es eigentlich gedacht ist: "Wir glauben, dass die Neue Mittelschule ein hervorragendes Konzept ist. Wir wollen sie flächendeckend, wir wollen dabei aber nicht die Langform des Gymnasiums, oder die HAK oder die HTL abschaffen. Und wir wollen auch nicht Privatschulen verbieten."

Ersatz für Hauptschule

Der ÖAAB-Generalsekretär schlägt die SPÖ-Unterrichtsministerin mit ihren eigenen Waffen. Die im Vergleich zur Hauptschule viel besser ausgestattete Neue Mittelschule soll im Prinzip die neue Hauptschule werden. Lukas Mandl: "Die Neue Mittelschule ist ein neues pädagogisches Konzept für die Hauptschule. Wenn es die Neue Mittelschule flächendeckend gibt, wird sie die Hauptschule ersetzen."

Eliteschule Gymnasium

Und das achtjährige Gymnasium soll parallel dazu nicht nur bleiben, sondern wieder zur Eliteschule aufgewertet werden. Wenn es die Neue Mittelschule flächendeckend gibt, müsse der Zugang zum Gymnasium erschwert werden, so der Salzburger ÖVP-Obmann Wilfried Haslauer. Dort sollten nur Kinder hinkommen, die von ihren Begabungen her für eine solche Schule geeignet sind, so Haslauer: "Es muss zwei gleichwertige Optionen geben - die Neue Mittelschule, aber auch als Angebot eine Langform. Dort sollte aber ein Eignungsverfahren durchlaufen werden, das auch auf Begabungen abgestellt ist."

Ein Drittel weniger Gymnasiasten

Dass damit Elitenbildung betrieben wird, streitet Haslauer gar nicht ab. Er steht dazu: "Elite ist nichts Negatives, aber ich würde eher Begabung und Begabtenförderung in den Vordergrund stellen." Bis zu einem Drittel weniger Gymnasiasten in der Unterstufe - das wäre die Folge dieser neuen Aufnahmetests, schätzt Haslauer. Und wer die Hürde nicht geschafft hat, gehe eben in die Neue Mittelschule. Die haben sich die führenden Bildungspolitikerinnen des Landes freilich ganz anders vorgestellt.