"Campiello" in der Josefstadt

Peter Turrinis Goldoni

Anfang 2011 hatte in Klagenfurt Peter Turrinis jüngstes Stück "Silvester" Uraufführung und am 13. Jänner 2011 gelangte schon das nächste Turrini-Stück zur Premiere - diesmal am Theater in der Josefstadt in Wien; seine vor 30 Jahren bearbeitete Version des Carlo-Goldoni-Stückes "Campiello".

Kulturjournal, 11.01.2011

Katharina Menhofer im Gespräch mit Peter Turrini

Direktor Herbert Föttinger inszenierte, es spielten unter anderem Andrea Händler und Sigrid Hauser, Therese Lohner, Stefano Bernardin und André Pohl.

Arme Leute, junge Mädchen

Sie sind vulgär und laut, sie raufen und brüllen, lieben, lachen und schimpfen und die Damen erinnern allesamt an Anna Magnani. Die Bewohner des Campiello, eines kleinen Platzes in Venedig, sind arme Leute, alleinstehende Mütter und junge Mädchen, halbwüchsige Burschen und kranke Männer. Noch mehr als von der großen Liebe träumen sie vom großen Geld oder zumindest von einer guten Heiratspartie - bis ein reicher Cavaliere auftaucht und das beschauliche Leben am Campiello aufmischt.

"Ich bin beim Theater ungleich mehr sehr auf Sinnlichkeit aus als viele Gegenwartsautoren und hab's auch nicht zu gern, wenn man nicht versteht, welche Intelligenzleistung eine Figur gerade vollbringt", sagt Autor Peter Turrini. Er hat das Goldoni-Stück aus der Mitte des 18. Jahrhunderts 1982 neu bearbeitet , die Dialekte weggelassen, die Figuren dreidimensionaler und menschlicher gestaltet. Das Stück sei immer aktuell, weil es von einer armen Welt und von Randgruppen handele, meint Regisseur Herbert Föttinger. In Kostümen, Ausstattung und Musik lässt er allerdings die 1960er Jahre anklingen.

Mittagsjournal, 11.01.2011

Randgruppen im Mittelpunkt

"Ich habe mich sehr mit Pasolini beschäftigt. Es ist interessant, dass beide Autoren mit diesen Randgruppen kämpfen, liebend um sie kämpfen. Pasolini liebt in 'Accattone' die Verbrecher, Huren und die kleinen Zuhälter. Und auch Turrini liebt in 'Campiello' diese kleinen Existenzen, die am Rande der Kriminalität ihr Leben fristen", so Föttinger.

Neben Andrea Händler und Sigrid Hauser spielen unter anderem Daniela Golpashin, Stefano Bernardin, Martin Zauner und André Pohl. Es ist das fünfte Turrini-Stück seit Beginn der Direktionszeit Föttinger an der Josefstadt. Turrini sei mittlerweile Hausautor an der Josefstadt. Und das beinhalte auch immer wieder einen Kampf um Texte und Stücke, so Föttinger: "Dann wird diskutiert und dann fahr ich zu ihm hin und dann lesen wir den Text und dann arbeitet er weiter und dann fahr ich wieder hin und dann beginnen die Proben und dann gibt es tagtägliche Anrufe - ich finde das ist so ein aufregender Prozess, den schafft man halt mit Horváth nicht mehr, weil der lebt nicht mehr. Aber dass ich das Glück habe, mit einem so großen Dramatiker zusammenarbeiten zu können, das ist ein Segen."