Ausbeutung dauert Jahre

Riesen Erdgasfund in Israel

Seit Jahrzehnten denken sich die Israelis, dass doch auch bei ihnen etwas von dem vielen Öl zu finden sein müsste, das die feindlichen arabischen Nachbarn so reich gemacht hat. Jetzt ist man in Israel nach unzähligen Bohrungen auf gewaltige Erdgasreserven gestoßen, die vielleicht strategische Bedeutung haben könnten.

Morgenjournal, 15.01.2011

Euphorie über neuen Rohstoff

„Wir sind jetzt eine Energie-Großmacht“, jubelten israelische Medien zum Jahreswechsel. Auslöser der Aufregung war ein Sensationsfund: unter dem Grund des Mittelmeers 130 Kilometer vor der Hafenstadt Haifa sitzt eine gewaltige Menge von Erdgas, das größte Vorkommen, das in den letzten 10 Jahren weltweit entdeckt wurde. Es könnte einen Marktwert von fast 100 Milliarden Dollar haben.

Die Euphorie ist verständlich: das winzige Israel hat fast keine Rohstoffe und blickt von jeher neidvoll auf die arabischen Nachbarn mit ihrem Ölreichtum. Das Gasfeld „Leviathan“, was auf Hebräisch „Walfisch“ bedeutet, könnte Israel jetzt zu einem Energie-Selbstversorger machen, und Israel könnte sogar noch Gas exportieren. Die wirtschaftlichen und auch politischen Auswirkungen sind noch gar nicht abzuschätzen, meint Gideon Tadmor, Generaldirektor einer der Bohrfirmen: Wir treten hier in eine neue Ära ein, eine Ära des Gasexports aus Israel, der der israelischen Wirtschaft gewaltigen Nutzen bringen wird und Israel in eine neue geopolitische Position stellt.

Streit um Nutzung

Schon 2009 war die Gruppe israelischer und amerikanischer Firmen in einem kleineren, küstennäheren Bohrfeld fündig geworden. Aber die Freude wird jetzt, wie könnte es anders sein, durch einen Streit über die Nutzung getrübt – konkret: über die Abgaben, die dem Staat zustehen. Die Investoren sollen nicht zu gierig werden, sagen Kritiker, denn Bodenschätze gehören zunächst einmal dem Staat und seinen Bürgern.

Finanzminister Juval Steinitz verweist auf andere Länder, die Erdgas fördern: Es gibt ein Abgaben-Niveau, das in geordneten Staaten üblich ist, in den USA und Kanada, Großbritannien und Holland, Norwegen und Australien, und es gibt für Israel keinen Grund, davon abzuweichen.

Frage der Rentabilität

Eine Kommission hat jetzt Lizenzgebühren und Steuern von bis zu 62 Prozent empfohlen – eine Belastung, die im internationalen Vergleich nicht besonders hoch ist. Aber die Bohrfirmen geben sich empört: man habe schon Milliarden investiert und werde noch über Jahrzehnte weitere Milliarden in Förderanlagen und Leitungen investieren müssen, bei derart hohen Abgaben werde man alles hinschmeißen, und das Gas werde weiter unter der Erde schlummern.

Zudem gibt es Experten, die vor Übermut warnen: der Erdgaspreis entwickelt sich ungünstig, heißt es, die Konkurrenz ist stark, es gibt in der Welt viel größere Erdgasvorkommen, die noch gar nicht angezapft werden, weil es nicht rentabel ist. Und gleichzeitig könnte das Erdgas zusätzlicher Brennstoff im Konflikt mit dem Libanon sein: die Libanesen meinen nämlich, dass Teile des Vorkommens in ihr Hoheitsgebiet hineinreichen.

Man sieht: auch ein Milliardenschatz macht nicht glücklich, zumindest nicht sofort.

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