Britische Regierung vor nächsten Einschnitten
Radikalreform des Gesundheitswesens
In Großbritannien macht sich die Koalitionsregierung von Premierminister David Cameron an einen großen Brocken. Cameron plant in den nächsten drei Jahren eine Radikalreform für den massiv verschuldeten Nationalen Gesundheitsdienst.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 18.01.2011
Totalmodernisierung am Plan
Der NHS ist trotz aller Schwierigkeiten immer noch der Stolz der Briten, der Nationale Gesundheitsdienst gilt als eine der größten Errungenschaften der Nachkriegszeit. Ist aber im Mutterland des Neoliberalismus gleichzeitig ein Staatsmonopolist und mit 1,5 Millionen Mitarbeitern der größte Arbeitgeber Europas. Jede Woche verschlingt das System mehr als zwei Milliarden Euro, Geld, das per Kommandowirtschaft von Politikern und einem Heer von 40.000 Managern ausgegeben wird.
Die britische Regierung plant eine Totalmodernisierung des NHS, alles andere sei nicht mehr finanzierbar. Ärzte und Krankenhäuser sollen künftig ihr Budget selbst verwalten, sie bekommen mehr lokale Eigenständigkeit und größere Entscheidungsfreiheit wie Einnahmen lukriert und verteilt werden, stehen aber gleichzeitig in Konkurrenz zueinander. Hilfe von oben bei finanziellen Problemen gibt es nicht.
Massive Bedenken
Die Gewerkschaften warnen, die Radikalreform würde ein Desaster für die Gesundheitsversorgung bedeuten. Karen Jennings von der größten Organisation Unison sagt, dies bedeute eine Marktöffnung, schwache Spitäler würden nicht überleben.
Richard Carter, Generalsekretär des Royal College of Nursing, das Pflegepersonal ausbildet, kritisiert, die Regierung wische alle Bedenken der Bediensteten im Gesundheitsbereich weg. Ein offener Markt würde bedeuten, dass Spitäler bei den Ausgaben Kompromisse machen müssen, was unweigerlich eine Verringerung der Mitarbeiter zur Folge hätte. Carter warnt, dies könnte zu einer Verschlechterung des Gesundheitsdienstes führen.
Cameron bleibt hart
Premierminister David Cameron sagt, er wolle eine erwachsene Diskussion führen, es gehe nicht darum, wer die Gesundheitsversorgung sicherstelle, ob es nun private Anbieter oder öffentliche Organisationen seien, für den Patienten sei nur wichtig, einen guten, kostenlosen Gesundheitsdienst zu haben.
Egal wie sehr sich Gewerkschaften, Ärzte und Bedienstete im Gesundheitswesen gegen die Reform sträuben, die Regierung bleibt dabei, es führe kein Weg an der Komplettmodernisierung vorbei. David Cameron riskiert mehr als sein großes Vorbild Margareth Thatcher, je gewagt hätte.