Nach wie vor Nachteile bei Arbeit und Bildung
Behindertenanwalt: Wenig Fortschritt
In Österreich gebe es noch viel zu tun, um Menschen mit Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. So lautet die Bilanz, die Behindertenanwalt Erwin Buchinger über das abgelaufene Jahr zieht. Benachteiligungen sieht er insbesondere in den Bereichen Arbeit und Bildung.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 21.01.2011
Beschäftigung gegen den Trend
Bei Menschen ohne Behinderung ist die Arbeitslosigkeit im Vorjahr zurückgegangen. Für Menschen mit Behinderung hingegen hat sich die Situation hingegen noch verschlechtert. Es gebe eine Zunahme um drei Prozent oder 188 Personen, kritisiert Behindertenanwalt Erwin Buchinger. Diese weiter auseinanderklaffende Schere "müsste, ich sage es im Konjunktiv, Ansatzpunkt für die Politik auf allen Ebenen sein, hier kräftig gegenzusteuern". Statt die Mittel zu kürzen müsste zusätzliches Geld in diesen Bereich fließen - für die Beschäftigung und Qualifizierung behinderter Menschen, fordert Buchinger.
Schulausbildung
Ein zweiter Bereich, wo es laut Buchinger noch viel zu tun gibt, ist die Bildung. Hier habe es im Jahr 2010 keine großen Fortschritte in der Gleichstellung gegeben. Das Recht auf Schulausbildung bestehe nach wie vor nur bis zur "Sekundarstufe eins". Es sei auch im Jahr 2010 keine Änderung eingetreten, wie viele Schüler an den Sonderschulen unterrichtet werden.
Bund ist schlechtes Vorbild
Erfreulicher sei die Entwicklung in Punkto Barrierefreiheit. Da ortet Buchinger
Fortschritte, etwa bei den ÖBB oder beim Arbeitsmarktservice. Aber ausgerechnet beim Staat selbst sei der Trend negativ. So wurde die Frist, bis zu der öffentliche Gebäude barrierefrei sein müssen, auf das Jahr 2020 verlängert. Nach Ansicht des Behindertenanwalts ist das "eine Schande für die Republik Österreich" und ein negatives Beispiel für fast alle Länder und Gemeinde, die ohnehin nachhinken.
Diskriminierung im Mutterleib
Die jüngste Diskussion, ob Kinder mit Behinderung ein Schadensfall sind, ist für Buchinger ein Scheingefecht. Die wirklich entscheidende Frage sei eine andere: "Dass behindertes Leben bis knapp vor der Geburt abgetrieben werden kann, nicht behindertes Leben aber nur bis zur 12. Schwangerschaftswoche. "Das stellt eine besonders krasse Form von Diskriminierung dar und das sollte geändert werden. Es muss dieselbe Frist sein." Ob diese Frist bei 12 Wochen oder mehr liegen soll, das lässt Buchinger offen.