Darabos von mehreren Seiten unter Druck

Wehrpflichtabschaffung: Auch SPÖ-Kritik

Verteidigungsminister Darabos (SPÖ) hat in Sachen Wehrpflicht nicht nur mit den Offizieren des Bundesheeres und dem Koalitionspartner ÖVP zu kämpfen. Auch führende SPÖ-Abgeordnete, darunter Verfassungssprecher Wittmann und Wehrsprecher Prähauser, sind gegen die Abschaffung der Wehrpflicht. Und sie kritisieren die Vorgangsweise des Ministers als überhastet.

Mittagsjournal, 24.01.2011

"Wir bewaffnen den rechten Rand"

Nicht irgendein Parlamentarier, sondern der Verfassungssprecher der SPÖ, Peter Wittmann, hat der Umstellung auf ein Freiwilligenheer heute eine Absage erteilt. Wittmann in den Niederösterreichischen Nachrichten: "Ich bin für die Beibehaltung der Wehrpflicht, halte das für ein demokratisches Grundprinzip. Was passiert denn, wenn wir auf ein Freiwilligenheer umstellen? Wir bewaffnen den rechten Rand und die Hoffnungslosen in unserer Gesellschaft, die die ersten sind, die sich für ein Heer in einer derartigen Form melden würden." Deshalb sei er für die Beibehaltung der Wehrpflicht, bekräftigte Wittmann am Montag gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal.

Schweigen vor dem Mikrofon

Ein Radio-Interview wollte Wittmann aber nicht geben, denn es werde darüber intern in der SPÖ diskutiert und diesen Prozess wolle er nicht stören. Ein Fall von Parteidisziplin, an die sich auch andere halten - etwa SPÖ-Wehrsprecher Stefan Prähauser und Anton Gaal, Vorsitzender der parlamentarischen Bundesheerkommission und Chef der starken SPÖ-Bezirksorganisation Wien-Favoriten. Prähauser und Gaal haben sich in Interviews gegen den Darabos-Plan zur Abschaffung der Wehrpflicht ausgesprochen, vor dem Mikrofon wiederholen wollten sie das am Montag allerdings nicht.

"Wäre Ende des Bundesheeres"

Der Salzburger Prähauser, der immerhin Vorsitzender der SPÖ-Fraktion im Landesverteidigungsausschuss das Parlaments ist, meint jedenfalls, dass ein Freiwilligenheer nicht finanzierbar sei. Wenn die Wehrpflicht abgeschafft werde und weiter Budgetkürzungen stattfänden, dann sei das das Ende des Bundesheeres, so Prähauser, der auch Probleme bei der Rekrutierung junger Männer befürchtet.

Es brodelt

Anton Gaal kritisiert auch das Vorgehen von Minister Darabos und spricht von wörtlich von Dilettantismus. Ein Freiwilligenheer werde mehr kosten als das derzeitige System und dem müsse man ins Auge sehen. Dass eine Umstellung kostenneutral möglich sei, sei eine durch nichts bewiesene Behauptung, so Gaal. Warum er kein Radiointerview geben will, erklärte Gaal so: Er sei gebeten worden zu schweigen. Gaal, Prähauser und Wittmann sind nicht die einzigen Dissidenten in der Wehrpflicht-Frage. Andere in der Fraktion denken ebenso. In der SPÖ brodelt es gewaltig.

Mittagsjournal, 24.12.2010

Darabos antwortet Kritikern

Der Verteidigungsminister rechtfertigt unterdessen sein Vorgehen gegen Kritiker in Reihen des Bundesheeres: Das sei nicht undemokratisch, sondern eine "klare Feststellung, dass Mitarbeiter die politische Linie des Verantwortlichen mitzutragen haben." Und Darabos weiter: Der Generalstab hat ein Modell, das der Minister präferiert - und es gilt das Primat der Politik - auch zu vertreten." Er habe nichts gegen Meinungsfreiheit und sei kein Diktator a la Nordkorea. Das ihm vorzuwerfen sei absurd, so Darabos. Aber: "Dass hier eine Irritation meinerseits da ist, das möchte ich schon vor dem Gespräch, das ich heute zu führen habe, zum Ausdruck bringen." Der Prozess sei vom Generalstab auch hervorragend vorbereitet worden und er gehe davon aus, dass man dazu auch stehe.

Kritikern in der eigenen Partei entgegnet Darabos, dass er keinen Alleingang unternehme, sondern seine Position sowohl in der Partei als auch mit Experten abgeklärt habe. Und er empfiehlt, "weniger auf Altfunktionäre zu schauen als auf jene, die jetzt die politische Verantwortung haben".

Übersicht

  • Verteidigung