Ist Ökonom Rifkin überzeugt
"Europa wird USA überholen"
US-Präsident Obama hat eine Schuldenkrise. Eigentlich haben die USA und Europa in dieser Hinsicht einiges gemeinsam. Aber: Europa wird den Weg aus der Krise schneller finden als die USA, sagt der renommierte Wirtschaftsforscher Jeremy Rifkin, der derzeit in Wien ist. Rifkin glaubt sogar, dass der Euro den Dollar als Leitwährung für die Welt ablösen kann - und wird.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 26.01.2011
Neue industrielle Revolution nötig
Das Wirtschaftssystem der westlichen Welt ist überholt, sagt der US-Starökonom Jeremy Rifkin. Die Schuldenkrise ist nur ein Krankheitssymptom des alten Systems: "Wir brauchen eine neue Vision für unsere Wirtschaft, neue Spielregeln und vor allem einen neuen Energieplan. Wir müssen von der zweiten Industriellen Revolution in die dritte industrielle Revolution gehen, damit wir wieder Wachstum und Wohlstand generieren. Nur so kommen wir aus der Finanzkrise. Wir kommen mit unserem alten, sterbenden System nicht aus der Krise."
Rifkins Vision für die Zukunft basiert auf einer neuen Energiepolitik. Weil Öl so teuer geworden ist, ist unser Wirtschaftssystem zu teuer geworden, um Produktion und Konsum am Leben zu halten, leben wir auf Pump, das Resultat ist die Schuldenkrise.
Europa überholt USA
Rifkin berät die EU-Kommission und viele europäische Regierungen. Sein Rat: "Was wir tun müssen ist eine Mischung. Wir müssen sparen aber gleichzeitig einen neuen Plan entwickeln wie die Wirtschaft wachsen kann. Der Euro-Rettungsschirm werde nicht wirklich helfen, solange Energie immer teurer wird und es keine Alternativen gibt."
Rifkins Plan: Alternative Energie ausbauen, Gebäude als kleine Kraftwerke verstehen die sich selbst mit Energie versorgen, ein europaweites Verteilersystem für alternative Energie aufbauen, neue Energie-Speicherformen finden und stromgetriebener Transport. Der Aufbau der neuen Infrastruktur bringt Millionen neue Jobs, Europa sei auf diesem Weg den USA weit voraus: "Die USA stehen viel schlechter da als Europa. Wir sind viel höher verschuldet. Wir haben keine Ersparnisse mehr. Wir sind pleite. Unsere Wirtschaft ist gescheitert. In vielen Teilen der USA sieht es aus wie in einem Dritte-Welt-Land."
Euro wird Leitwährung
Warum sind die USA dann nicht in einer Schuldenkrise wie Europa: Die USA sei zu groß um unterzugehen", sagt Rifkin. Auch der Dollar werde nicht mehr lange Leitwährung der Welt bleiben, glaubt Rifkin. Der Euro könnte ihn ablösen. Denn Europa sei der größere und wichtigere Wirtschaftsraum als die USA: "Der Euro wird wahrscheinlich die Leitwährung werden. Der Dollar ist schon unter Druck, weil die OPEC-Länder Interesse haben Öl in Euro abzurechnen, weil Europa der größte Abnehmer ist, auch für China ist Europa ein wichtiger Handelspartner."
Obama sieht Tragweite nicht
Rifkins Sorge für die USA: US-Präsident Barak Obama fehle das Bewusstsein für den kommenden Wandel: "Obama hat keine Message. Es versteht das Potenzial dieser Revolution nicht, er hat nur eine Art Einkaufsliste von ein paar neuen Technologien im Kopf. Aber eine neue Ära ist eine umfassende Geschichte. Das hätte der sogenannte Internet-Präsident gerade der jungen Generation gut verkaufen können. Er hätte an ihre Kreativität appellieren können indem er sagt, sucht nach neuen Energieformen und kommuniziert eure Ideen. Diese Chance hat er nicht genützt."
Die Energierevolution, die dritte industrielle Revolution wird uns aus der Krise führen, glaubt Rifkin, die USA werden Europa mit Verspätung folgen.