Rechnungshof übt Kritik
Tarif-Chaos im Pflegebereich
Dass eine Reform im Gesundheitsbereich nötig ist, darüber sind sich alle Experten einig. Der Politik fehlt aber der Wille zur Umsetzung. Ein neuer Rechnungshof-Bericht kritisiert das chaotische Tarifsystem im Pflegebereich. Außerdem seien zu viele Pflegebedürftige in teuren Spitalsbetten untergebracht.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 10.02.2011
391 verschiedene Tarife
Der neue Rechnungshof-Bericht zeigt einen wahren Tarif-Dschungel im Pflegebereich. Der Rechnungshof hat die Situation der Pflege- und Altenwohnheime in Tirol mit der in Kärnten verglichen und da zeigt sich, dass es in Tirol sage und schreibe 391 verschiedene Tarife gibt. In Kärnten sind es zwar weniger, aber auch noch immer 70 unterschiedliche Tarife.
Im Einzelfall bedeutet das, dass es bei zwei Pflegebedürftigen, die genau den gleichen Betreuungsbedarf haben, in Kärnten Tarif-Unterschiede von über 500 Euro pro Monat gibt. In Tirol liegen die Unterschiede sogar bei 945 Euro.
Wie viel Pflegepersonal ist nötig?
Große Unterschiede gibt es auch bei den Vorgaben für das Pflege-Personal. In Tirol fehlen hier überhaupt verbindliche Vorgaben, wie viel Pflegepersonal nötig ist. Regelmäßige Überprüfungen haben nicht stattgefunden. In Kärnten gibt es zwar Personalvorgaben, diese werden von der überwiegenden Anzahl der Heime aber nicht eingehalten.
Die Zusammenschau aller Daten zeigt, dass ein Pflegeplatz in Tirol um 25 Prozent mehr kostet als in Kärnten. Die Ausgaben der öffentlichen Hand sind im Vergleich sogar um 40 Prozent höher.
Pflegefälle in Spitalsbetten
Großes Einsparpotenzial ortet der Rechnungshof außerdem bei den vielen Pflegebedürftigen, die immer noch in Spitalsbetten untergebracht sind.
Der Rechnungshof hat sich da die Situation in Wien angeschaut und da gibt es zuletzt zwar um ein Viertel weniger Pflegebedürftige, die in Spitalsbetten liegen. Aber: das Einsparpotenzial ist immer noch sehr groß.
Ein Spitalsbett kostet pro Tag nämlich um 500 Euro mehr als ein Pflegebett. Nur die Stadt Wien hätte 2008 so über 21 Millionen Euro einsparen können.
Gesamtüberblick fehlt
Der Rechnungshof kritisiert dabei, dass die Abstimmung zwischen den einzelnen beteiligten Stellen, also den Spitälern, der Organisation und den Pflegeheimen mangelhaft ist und er stellt fest: 2030 wird es in Wien um über 80 Prozent mehr Hochbetagte geben als jetzt. Der Handlungsbedarf im Pflegebereich wird also eher größer als kleiner.
Und insgesamt stellt der Rechnungshof fest: Es gibt nach wie vor keine gesamthafte Sicht, was den Pflegebereich betrifft. Man weiß nicht, wie viel Plätze eigentlich wirklich gebraucht werden. Es gibt dazu zwar Erhebungen, die sind aber in jedem Bundesland unterschiedlich. Ein echter Gesamtüberblick fehlt deshalb.