Scharfe Kritik der Menschenrechtsliga

Kinder mit in die Schubhaft

Die Liga für Menschenrechte und die Grünen warnen vor neuen Verschärfungen im Fremdenrecht: Eltern sollen künftig entscheiden, ob sie ihre Kinder mit in die Schubhaft nehmen, oder ob sie dem Staat die Obsorge für die Kinder überlassen. Grüne und Liga für Menschenrechte finden das skandalös.

Mittagsjournal, 15.02.2011

Helige: "Beschämend"

Kinder gehören nicht ins Gefängnis, so darf das Gesetz nicht kommen, verlangt die Liga für Menschenrechte. Es sei beschämend, dass das Parlament vor kurzem die Kinderrechtskonvention beschlossen hat und jetzt in den geplanten Fremdengesetz steht, dass Eltern in Schubhaft entscheiden müssen, ob sie ihre Kinder mitnehmen oder sich von ihnen trennen, ist die Präsidentin der Liga für Menschenrechte Barbara Helige empört. Damit wird der Staat die Verantwortung für Kinder in der Schubhaft los, und wenn Kinder in Schubhaft sind, haben das die Eltern veranlasst: das sei bitterböser Zynismus, so Helige.

Neisser: Unsensibel

In Österreich fehlt es an Sensibilität im Umgang mit den Menschenrechten, kritisiert der Vizepräsident der Liga und frühere ÖVP-Nationalratspräsident Heinrich Neisser. Das zeige sich auch daran, dass die Gesetze nicht nur unverständlich sondern auch schlecht seien. Die österreichische Fremdenrechtslegistik sei kein gutes Beispiel für verantwortungsvolle Legistik. Das zeige sich schon bei den Erläuterungen, die nichtssagend und banal seien.

Appell an Abgeordnete

Auch die Politik geht laut Neisser fahrlässig mit dem Thema um. Er appelliere an die Bundesregierung, aber auch an jeden einzelnen Nationalratsabgeordneten, sich genau zu überlegen, ob man dem Gesetz zustimmen kann. Für Parlamentarier müssten Menschenrechtsfragen einen besonderen Stellenwert haben. Bei aller Loyalität zu einer Partei handle es sich hier um Fragen, die eine höchstpersönliche Verantwortung wiederspiegeln, so Neisser.

Auch Barbara Helige fordert von den Abgeordneten, sich zu informieren, was sie tatsächlich beschließen, das sei aber nicht sehr leicht, wenn man den Text lese. Helige meint, die Österreicher würden nicht wollen, dass Kinder derart in einem solchen Gesetz behandelt würden.

Teurer Beschluss

Die Grünen kritisieren viele Vorhaben in den geplanten Gesetzen. Dass jemand künftig nicht zwei Monate sondern vier in Schubhaft bleiben muss, sei nicht nachvollziehbar und außerdem teuer, sagt Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Das würde Mehrkosten von 41 Millionen Euro verursachen. Zum Vergleich hätte die Republik für den Nationalen Aktionsplan Integration für 2011 fünf Millionen bereit gestellt.

Wenn der Ministerrat die Gesetze am kommenden Dienstag beschließt, könnten sie Anfang Juli in Kraft treten.

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