Schnellverfahren wegen Sexaffäre

Berlusconi muss vor Richterin

Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi muss nun wegen der Sexaffäre um eine minderjährige Marokkanerin tatsächlich vor Gericht. Eine Ermittlungsrichterin hat einem Antrag der Mailänder Staatsanwaltschaft auf ein Schnellverfahren gegen Berlusconi stattgegeben. Der Prozess soll am 6. April beginnen.

Mittagsjournal, 15.02.2011

Italien-Korrespondentin Mathilde Schwabeneder im Ö1 Mittagsjournal-Gespräch am 15.02.2011 mit Christian Williwald

Gericht aus drei Frauen

Laut der Mailänder Ermittlungsrichterin Cristina Di Censo bestehen genügend Schuldbeweise gegen Berlusconi, um gegen ihn einen Schnellprozess zu beantragen. Ein Gericht aus drei Frauen wird in Mailand den Prozess gegen Berlusconi wegen Amtsmissbrauch und Sex mit einem minderjährigen Callgirl führen. Berlusconis Rechtsanwalt, Pietro Longo, zeigte sich über den Beschluss der Untersuchungsrichterin Cristina Di Censo nicht überrascht. "Wir hatte nichts anderes erwartet", kommentierte Longo. Berlusconi selbst, der sich derzeit in Palermo aufhält, weigerte sich, den Beschluss der Untersuchungsrichterin zu kommentieren.

Rücktrittsforderung

Die italienischen Oppositionsparteien haben den Rücktritt von Premierminister Silvio Berlusconi gefordert. "Es ist unannehmbar, dass der Premier weiter im Amt bleibt. Er soll zurücktreten und sich vor der Justiz verantworten", forderte der Sprecher der Oppositionspartei "Italien der Werte", Massimo Donadi.

Bis zu drei Jahre Haft

Der 74 Jahre alte Berlusconi wird einerseits des Amtsmissbrauchs beschuldigt, weil er in der Nacht des 27. Mai 2010 persönlich mit einem hochrangigen Funktionär bei der Mailänder Polizei angerufen hatte, um eine damals 17-jährige Prostituierte aus dem Polizeigewahrsam freizubekommen. Erschwert wird die Lage des Regierungschefs andererseits wegen des Verdachts, mit der minderjährigen Prostituierten auch Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, was in Italien bis zu drei Jahre Haft nach sich ziehen kann.

Verdacht weitet sich aus

Inzwischen zieht der Sexskandal um Berlusconi weitere Kreise und dehnt sich auf Rom aus. Nach Angaben der römischen Tageszeitung "Il Messaggero" (Montagausgabe) läuft eine neue Untersuchung zu mutmaßlichen ausschweifende Partys in den Wohnungen Silvio Berlusconis in Rom. Die Partys sollen in dem Schloss Tor Crescenza stattgefunden haben, das Berlusconi 2009 gemietet hatte.