Erkundungen in Dharavi

Der größte Slum Asiens

Dharavi ist mit seinen labyrinthartigen Eingeweiden ein Mikrokosmos und eine Welt für sich. Hier landet viel von dem, was andere zum Müll werfen: Altkartons, Plastik- und Kunststoffverpackungen, Metall- und Holzabfälle. In Dharavi wird es wiederverwertet.

Die indische Metropole Mumbai, das einstige Bombay, ächzt unter der Last von rund 14 Millionen Menschen. Chaos und Ordnung, Armut und Reichtum, Verfall und Modernität sind engste Vertraute im Alltag dieser indischen Megacity.

Diese "Maximum City", wie sie der indischer Autor Suketu Mehta in seinem gleichnamigen Buch nennt, repräsentiert die Vielfalt selbst - eine Vielfalt, an der man verzweifelt oder aber dem Zauber dieser indischen Metropole erliegt. Gewissermaßen eine Stadt in der Stadt ist Dharavi - mit seinen labyrinthartigen Eingeweiden ein Mikrokosmos für sich.

Ein Dach über dem Kopf

Hier landet fast alles, was andere zum Müll werfen. Hier wird es wiederverwertet. Eingesammelt von Müllmenschen, die im Unrat anderer stöbern und damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Hunderte von kleinen Betrieben existieren hier, die fern aller Sicherheits-, Hygiene- und Sozialstandards agieren und dennoch nicht trostlos wirken. Wer hier Fuß gefasst hat, kann sich glücklich schätzen, einen Job zu haben, ein Dach über dem Kopf und ein geringes Einkommen.

"Ein Mann, der in einem Slum lebte, ohne Wasser und ohne Toiletten, erzählte mir einmal weshalb er hierher gekommen sei, warum immer wieder Menschen hierher kommen: Bombay ist ein goldener Vogel", beschreibt Suketu Mehta in seinem Buch "Bombay. Maximum City" die Beweggründe, warum die Menschen nach Mumbai kommen.

Eine Immobilie ersten Ranges

Ursprünglich war Dharavi ein Sumpfgebiet gewesen, das von mittellosen Zuwanderern urbar gemacht wurde - mit Sandsäcken, Lehm und Abbruchmaterial. Im letzten Jahrzehnt hat sich das ganze Gebiet zu einer Immobilie ersten Ranges entwickelt, da es in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem wichtigsten Geschäftsviertel von Mumbai liegt, dem Bandra-Kurla-Komplex, wo die Börse, viele Banken und auch Büros liegen.

So spekulieren Bauunternehmer mit der Idee, Dharavi für sich zu nutzen. Unter dem Vorwand, den Menschen des Slums ein sicheres Dach über dem Kopf bieten zu können und das Viertel aufzuwerten, wollen Sie mehrstöckige Büros und Appartements in die Höhe ziehen. Doch denken sie dabei vorrangig daran, die Nutzfläche und damit auch den Gewinn zu potenzieren, wie die indische Journalistin und Aktivistin Kalpana Sharma erklärt:

"Das Problem bei dieser Überlegung ist, dass sich in Wirklichkeit niemand um die Menschen schert, sondern die Investoren nur den Wert des Baulandes im Kopf haben. Warum, so denken sie, sollten arme Leute auf einem so wertvollen Baugrund leben?"

Slumdog Millionaire

Heute bildet Dharavi das ökonomische Rückgrat Mumbais und erreicht jährlich einen wirtschaftlichen Umsatz von einer halben Milliarde Euro. Der Film "Slumdog Millionaire" - zum Teil in Dharavi gedreht - hat den Slum ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit gerückt. Auch viele seiner Bewohner haben den preisgekrönten Streifen gesehen. Die Geschichte hat nicht nur ihre Herzen bewegt, sondern auch Hoffnung auf bessere Lebensmöglichkeiten geweckt.

Geführte Touren, die erstaunlicherweise überhaupt keinen voyeuristischen Touch haben, sollen das Leben und Funktionieren dieser "Stadt in der Stadt" auch für Fremde transparent machen. Zudem fließt ein Teil der Einnahmen aus den Touren in Sozial- und Schulprojekte für Kinder aus Dharavi. "Bei dieser Tour geht es nicht um Armut, sondern um Menschen, die für ein besseres Leben kämpfen", schrieb ein Teilnehmer im Online-Forum von Reality Tours and Travel.

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