Politologin rät zum Weiterverhandeln
Ortstafeln: "Scheitern wäre peinlich"
Der am Wochenende verkündete Ortstafel-Kompromiss wackelt schon wieder. Die Kritik der Kärntner Slowenen wird immer lauter, ihre Zustimmung ist ungewiss. Die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle rät zum Weiterverhandeln, denn ein neuerliches Scheitern wäre "mehr als peinlich".
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 05.04.2011
"Sehr viele Querschüsse"
In Ortschaften, in denen der Anteil der slowenisch-sprachigen Bevölkerung mindestens 17,5 Prozent ausmacht, sollen zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden - zwischen 150 und 160 Ortschaften an der Zahl, so lautet der Kompromiss, der auch schon als historisch bezeichnet wurde. Doch die in Kärnten tätige Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle warnt vor zu großem Optimismus: "Es ist sicher wieder ein Schritt kurz vor die Einigung. Diese Situation hatten wir schon 2006 und 2007. Und wir wissen, dass es beide Male noch gescheitert ist. Wir merken sehr viele Querschüsse von allen Parteien. Bevor das Verfassungsgesetz nicht beschlossen ist im Nationalrat, kann man hier keinen Strich ziehen unter diese Geschichte."
Bekannte Einwände und Bedingungen
Mit "Querschüssen" meint Stainer-Hämmerle, dass etwa FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache seine Zustimmung jetzt mit einem Minderheitenschutz in Slowenien junktimiert, dass die FPK in den betroffenen Gebieten noch Volksbefragungen abhalten will oder dass Valentin Inzko, der Obmann des größten Volksgruppenverbandes, der Rates der Kärntner Slowenen, wieder eine Öffnungsklausel fordert: das heißt, dass auch später weiterhin zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden können. An einer Öffnungsklausel war die Einigung 2006 schon gescheitert: "Das sind Dinge, die seit Jahren immer wieder benutzt wurden, um die endgültige Einigung zu verhindern."
"Zugeständnisse machen"
Jetzt gehe es allen Beteiligten darum, das Gesicht zu wahren, sagt Stainer-Hämmerle. Deswegen sollten sich alle noch einmal aufeinander zu bewegen. Sie sehe zwei Exit-Strategien, um aus dem Dilemma zu kommen: Man könnte den Slowenen-Verbänden eben diese Öffnungsklausel zugestehen und den Verbänden mit Förderungen für Musikschulen und Kindergärten eine Zustimmung schmackhaft machen. Dieser Punkt wurde schon verhandelt wurde, was genau ist unbekannt.
Frage des Ansehens
Kathrin Stainer-Hämmerle: "Ich würde dazu raten, auch vom internationalen Ansehen des Landes her zu einer Lösung zu kommen. Die Bevölkerung glaube ich möchte eine Lösung. Es wäre doch nach so vielen Jahren des Verhandelns und der Gespräche mehr als peinlich, wenn es jetzt wieder quasi im Endspurt scheitern sollte." Eine Lösung nun wäre ein Befreiungsschlag für Kärnten, so die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle.
Morgenjournal, 05.04.2011
Einschätzung von Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz im Gespräch mit Udo Bachmair.
Wie reagiert Slowenien?
Der slowenische Außenminister meint, er könne sich nicht vorstellen, warum der Kompromiss schlechter sein sollte als was im Verfassungsgerichtsurteil als Zahl genannt wurde. Aber generell ist die Ortstafelfrage in den slowenischen Medien bisher kein großes Thema. Zu einer Einigung beitragen kann Slowenien nur, indem es sich so weit wie möglich zurückhält. Denn sobald slowenische Äußerungen als Einmischung verstanden werden, würde auch der Widerstand in Kärnten wachsen. Slowenien hat auch kein offizielles Mandat für eine Rolle in dem Konflikt. Österreich hat ja eine slowenische Schutzmachtfunktion nicht anerkannt.