Verantwortlich für tödliche Gewalt
Ägypten: Kommission gibt Mubarak Mitschuld
In Ägypten hat eine staatliche Untersuchungskommission einen Bericht vorgelegt, der Hosni Mubarak die Mitschuld am Tod von mehr als 800 Zivilisten gibt, die während der ägyptischen Proteste getötet wurden. Der gestürzten Ex-Präsident soll jetzt wegen Korruption und Gewalt gegen Demonstranten vor Gericht gestellt werden.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 20.04.2011
Revolutionäre Schritte
Nur 18 Tage lang dauerte die Revolution in Ägypten, dann folgte eine Phase, in der unklar war, in welche Richtung es weitergehen soll. Seit einer Woche überrascht Ägypten wieder durch rasante revolutionäre Schritte: in Richtung Aufarbeitung der Vergangenheit und in Richtung Neubeginn.
Der gestürzte Präsident Hosni Mubarak, seine beiden Söhne und zahlreiche ehemalige politische Weggefährten Mubaraks sind in Untersuchungshaft. Die einst so mächtige Partei Mubaraks, die NDP wurde aufgelöst, ihre Vermögenswerte wurden konfisziert.
Gerichtsverfahren gegen einstige Machthaber
Demnächst schon könnten erste Gerichtsverfahren gegen Mubarak und seine politischen Weggefährten folgen: wegen Korruption und wegen Gewalt gegen Demonstranten. Eine erste rechtliche Grundlage präsentierte gestern eine staatliche Untersuchungskommission, die Mubarak die Mitschuld an der tödlichen Gewalt gegen die Demonstranten gibt.
Kommission sieht Verantwortung bei Mubarak
Die Untersuchungskommission kommt zu dem Schluss, dass bei den 18-tägigen Protesten insgesamt mindestens 846 Zivilisten getötet wurden und 6000 verletzt. Mubaraks Innenminister Habib el-Adly habe den Einsatz von scharfer Munition und exzessiver Gewalt gegen die Demonstranten bewilligt. Das wäre ohne die Erlaubnis Mubaraks nicht möglich gewesen, sagt Richter Omar Marwan, der Generalsekretär der Kommission.
Laut Kommissionsbericht haben Scharfschützen der Antiterroreinheiten nicht nur auf Demonstranten geschossen, sondern auch auf Anrainer, die die Proteste von ihrem Fenster aus gefilmt haben.
Ungeduldiger Optimismus
Das Vertrauen in die Militärführung, die Ägypten zu freien und fairen Wahlen im September führen soll, ist in den letzten Tagen wieder gewachsen. Doch vielen Ägyptern kann es nicht schnell genug gehen, erzählt ein Aktivist, der in den ärmsten Vierteln Kairos für Geduld wirbt. "Viele Leute von hier sind damals mit mir auf den Tahrir-Platz gekommen, doch die Stimmung hat sich verändert. Wenn sich in den Fragen Sicherheit und in wirtschaftlicher Hinsicht nicht bald was verbessert, werden wir die Revolution verlieren, doch noch bin ich optimistisch", so Jawad Nablusi aus Kairo.