Hinterhäuser und Langhoff Intendanten ab 2014

Duo leitet Wiener Festwochen

Die Nachfolger von Luc Bondy stehen fest: Am Mittwoch, 4. Mai 2011 wurde die neue Intendanz der Wiener Festwochen präsentiert. Markus Hinterhäuser, Interimsintendant der Salzburger Festspiele, und Shermin Langhoff, türkischstämmige Chefin des postmigrantischen Berliner Ballhaus Naunynstraße, folgen Bondy ab 2014 nach.

Kulturjournal, 04.05.2011

Christian Fillitz im Gespräch mit Markus Hinterhäuser

Die Wiener Festwochen bekommen ein Intendantenduo: Markus Hinterhäuser, heuer Intendant der Salzburger Festspiele, wird Intendant der Wiener Festwochen, Shermin Langhoff stellvertretende Intendatin und Chefkuratorin. Das wurde am Mittwoch von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) und Festwochen-Präsident Rudolf Scholten bekanntgegeben. Sie folgen 2014 auf Luc Bondy. Die Verträge laufen künftig auf jeweils drei Jahre und sind nicht verlängerbar.

Kulturjournal, 04.05.2011

Christian Fillitz im Gespräch mit Shermin Langhoff

Ausschreibung forderte Interkulturalität

In der Ausschreibung war ausdrücklich festgehalten worden, dass in dem von der Stadt Wien mit 10,8 Millionen Euro geförderten Mehrspartenfestival "Konzepte zur Sicherstellung von Gender Mainstreaming, Interkulturalität sowie Partizipation" berücksichtigt werden sollen. Auch "die interkulturelle Struktur Wiens mit ihren historischen Wurzeln soll sich in der Programmgestaltung wiederfinden, für die eine aktive Einbindung der Wiener Kulturszene und vielfältiger, niedrigschwelliger Spielorte begrüßt wird", hatte es geheißen - eine Job Description, die sich geradezu als maßgeschneidert für Langhoff, die Leiterin des Berliner Ballhauses Naunystraße, erwiesen haben dürfte.

Die Wiener ÖVP hat bereits gegen den "auffallend raschen Entscheidungsprozess" protestiert: Die Bewerbungsfrist hatte erst vergangenen Samstag (30. April) geendet.

Mittagsjournal, 04.05.2011

Stadtrat streut Rosen

Kulturstadtrat Mailath-Pokorny streute dem neuen Intendantenduo Rosen: "Markus Hinterhäuser ist mittlerweile als erfahrener Intendant international genauso wie in Wien vernetzt." Bei den Festwochen werde er "für das große Stadttheater" verantwortlich zeichnen, für die großen internationalen Produktionen und den Musikbereich. Und natürlich sei Hinterhäusers Kompetenz als Manager unbestritten.

"Und Shermin Langhoff bringt den aufregenden neuen Blick, ihre Leidenschaft, ihren bedingungslosen Anspruch einer postmigrantischen Gesellschaft mit", so die Erwartungen des Kulturpolitikers. Sie werde sich bei den Festwochen um die transkulturellen und interkulturellen Aktivitäten genauso wie um die Interdisziplinarität kümmern und hierbei die Kompetenz Wiens mitsamt der historischen Wurzeln widerspiegeln: "Ich glaube, dass diese neue Leitung der Wiener Festwochen vieles, was es an kulturellen Entwicklungen in dieser Stadt gibt, aufnehmen wird."

Keine Verlängerung möglich

Eine inhaltliche Neuerung ist die Beschränkung der Intendantenverträge auf drei Jahre - ohne Option auf Verlängerung, was auch künftig so bleiben werde, wie Mailath-Pokorny unterstrich: "Wir meinen, dass das für ein Festival wie die Wiener Festwochen gut und richtig ist." So könne man künftig noch stärker auf das Erneuerungsmoment rekurrieren, wobei der jetzige Intendant Luc Bondy seinen Vertrag voll erfüllen werde.

Rückkehr und Horizonterweiterung

"Es ist für mich eine Art Rückkehr nach Wien - und eine wirkliche Horizonterweiterung", zeigte sich Hinterhäuser der Größe der neuen Aufgabe bewusst: "Jetzt ist eine Aufgabenstellung und Fantasie gefragt, die über das hinausgeht, was ich bisher gemacht habe."

Den Charakter eines Festivals in und für Wien wolle er dabei stärken: "Mein Wunsch wäre, dass es eine starke Identifikation mit der Stadt geben soll, eine starke Anstrengung, die eigenen Produktionen zu verstärken." Dabei werde man auch künftig nicht auf die Musik verzichten - "dafür stehe ich." Er wünsche sich Offenheit von allen Seiten - er selbst werde sie mitbringen.

Neugier und Mut

Sie sei als neue Intendantin sicherlich die größere Überraschung als Hinterhäuser, zeigte sich Shermin Langhoff halb bescheiden, halb kokett. Schließlich sei sie Autodidaktin: "Ich bin zum Theater gekommen, weil ich mich schon in Berlin für die Polis interessiert habe." Die Resonanz auf ihr Konzept, mit den migrantischen Teilen der Gesellschaft Schichten in den Diskursraumtheater zu holen, die dort bis dato nicht vertreten waren, habe sie dann aber doch überrascht: "Schon gar nicht habe ich damit gerechnet, dass ich für die Wiener Festwochen angefragt werde."

"Aber ich muss sagen, dass mich diese Vision überzeugt hat", zeigte sie sich mit dem Konzept zufrieden, ihre Perspektiven, mit denen sie Kunst produziere, in die Festwochen mitbringen zu können. Neugier und Mut bringe sie jedenfalls mit, auch wenn sie noch wenig über Wien und über das Festival wisse und viel zu lernen habe: "Eine Horizonterweiterung ist es für mich in jedem Fall - ich hoffe für uns alle."

Unabhängige Einzelkandidatur

Das neue Leitungsduo hat sich vor zwei Monaten das erste Mal getroffen. Entsprechend in frühem Stadium seien die Gespräche, auch wenn man zuletzt intensiv den Austausch gepflegt habe, unterstrichen beide. Zwar haben sich beide einzeln beworben, aber die gemeinsame Konstellation habe vorher bereits im Raum gestanden.

Insgesamt gab es 20 Bewerbungen für die Festwochen-Intendanz, davon eine Doppelbewerbung, ergänzte Mailath-Pokorny. Sieben seien davon nicht aus Österreich gekommen.

Grüne freuen sich über "Dream Team"

"Mehr als glücklich" zeigte sich der Kultursprecher der Grünen Wien, Klaus Werner-Lobo, in einer Aussendung über die Bestellung von Langhoff und Hinterhäuser. Langhoff habe aus dem Berliner Ballhaus Naunynstraße einen international bewunderten "postmigrantischen" Kulturraum gemacht.

"Sie hat damit transkulturelle und migrantische Kunst in die Oberliga geholt. Genau dort wollen wir sie auch in Wien haben", so erner-Lobo. Für die Grünen seien Langhoff und Hinterhäuser "das absolute Dream-Team".

Text: APA, Red., Audio: ORF