Prostitution und Mädchenhandel bei den Wiener Festwochen

Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein

Bereits zum dritten Mal ist Kornel Mundruczo bei den Wiener Festwochen zu Gast. Der ungarische Regisseur ist bekannt dafür, aktuelle gesellschaftliche Missstände aufzugreifen und schonungslos in seinen Stücken zu präsentieren. In "Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein" geht es um die Themen Menschenhandel und Prostitution.

Kultur aktuell, 18.05.2011

Österreich-Premiere

Er schätze es, seine Stücke an Orten zeigen zu können, die Geschichte haben, sagt Kornel Mundruczo neben einer alten Straßenbahngarnitur stehend. Hier in der Remise Erdberg wird Mittwochabend die Österreich-Premiere von "Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein" aufgeführt. Gespielt wird auf den Ladeflächen zweier Lastwagen. Dort werden mehrere junge Frauen gegen ihren Willen von fünf Männern festgehalten.

Dokumentarisches Material

Mundruczo hat für sein Stück auf dokumentarisches Material zurückgreifen können, das von Sozialarbeitern gesammelt worden war: "Vor eineinhalb Jahren bekam ich etwa 500 Seiten in die Hände, in denen ganz konkrete Fälle von Menschenhandel und Prostitution in Ungarn geschildert wurden. Man bekam wirklich einen Einblick, wie diese Frauen als Sklavinnen gehalten werden. Ich war zutiefst deprimiert und hatte das Gefühl, mich im tiefsten Mittelalter zu befinden. Wir verschließen hier wirklich die Augen vor einer Realität, die in ganz Europa gebräuchlich ist."

Ungarns trister Alltag

Die gewalttätigen Entführer gehören einer radikalen Gruppe an, immer wieder äußern sie ihre abstoßenden Ansichten zur Gesellschaft und zur Politik. Unmissverständlich geht Mundruczo hier auf den Rechtsruck in Ungarn und anderen osteuropäischen Staaten ein. Für Minderheiten wird die Lage in Ungarn bedrohlich, während den Künstlern im Land die Arbeitsgrundlage entzogen wird. Kornel Mundruczo: "Seit eineinhalb Jahren gibt es kein Fördersystem mehr. Da ist einfach keine Stelle mehr, wo man um Förderungen ansuchen könnte. Zum Glück kann ich hier in Wien sein und zum Glück gibt es ausländische Festivals, die ungarische Produktionen finanzieren und ermöglichen."

Praktische Medienpädagogik

Kornel Mundruczo ist vorrangig Filmregisseur, der auch in Cannes schon ausgezeichnet wurde. In der aktuellen Produktion sind die Schauspieler nicht nur unmittelbar zu sehen, das Geschehen wird auch immer wieder als Video auf die weiße Lastwagenplane projiziert. Mundruczo überzeichnet dann die Gewaltszenen, indem er etwa ketchuprotes Filmblut einsetzt. Der Zuschauer soll sich die Frage stellen, welcher Wirklichkeit er mehr glaubt. Der, die sich real vor seinen Augen abspielt, oder dieser aufgepixelten Fernsehwirklichkeit.

Den dramaturgischen Bogen für seine Geschichte hat Kornel Mundruczo einem sowjetischen Jugendroman aus den 1960er Jahren entnommen. In dieser Science-Fiction treffen menschliche Raumfahrer auf einem fremden Planeten auf deprimierende mittelalterliche Zustände. Bei Mundruczo finden diese abstoßenden Gewaltexzesse nun direkt vor unserer Haustür statt. Der einstmals gefährliche Außerirdische ist jetzt der Mensch selbst.

Die Österreich-Premiere von "Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein" findet am 18. Mai 2011 statt, danach ist das Stück noch drei Mal in der Remise Erdberg zu sehen.

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Wiener Festwochen - Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein