Anklage in allen Punkten
Strauss-Kahn gegen Millionen-Kaution frei
Der bisherige IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn darf aus der Gefängniszelle in seine Wohnung in Manhatten wechseln. Er wird unter strengen Auflagen gegen eine Kaution von einer Million Dollar aus der U-Haft entlassen. Aber Strauss-Kahn wird in allen sieben Punkten angeklagt, die ihm die Staatsanwaltschaft zur Last legt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 20.05.2011
Erfolg der Anwälte
"Ich habe die Argumente abgewogen und entschieden dass eine Freilassung gegen Kaution gewährt wird" – diese Worte von Richter Michael Obus waren genau das, was Dominique Strauss-Kahn hören wollte. Sein Team von Anwälten hat es also geschafft, die Entscheidung vom Montag, als er wegen angeblicher Fluchtgefahr in Untersuchungshaft bleiben musste, umzudrehen.
"Keine Fluchtabsicht"
Staatsanwalt John McConnel änderte dabei seine Linie nicht: Strauss-Kahn habe die persönlichen, finanziellen und politischen Mittel um zu fliehen, argumentierte McConnel für einen weiteren Verbleib Strauss-Kahns auf der Gefängnisinsel Rykers Island. Strauss-Kahns Verteidiger brachte vor, dass Strauss-Kahn schon am Samstag, als sich der Vorfall ereignet haben soll, nicht fliehen wollte, sondern ruhig in einem längst gebuchten Flug nach Paris gesessen sei. Und das, nachdem er mit seiner Tochter zu Mittag gegessen hatte – sein Mandant sei also absolut nicht auf der Flucht gewesen, sagte Verteidiger Willie Taylor. Er habe ein Recht darauf, jetzt gegen Kaution freizukommen.
Bankgarantie, Überwachung, Fußfessel
Die Nacht auf Freitag musste Strauss-Kahn noch im Gefängnis verbringen – zuerst muss er nämlich eine Million Dollar in bar und weitere fünf Millionen als Bankgarantie hinterlegen. Außerdem müssen in seinem Apartment noch Videokameras angebracht werden, denn er wird ab sofort 24 Stunden pro Tag überwacht. Eine elektronischen Fußfessel wurde ihm auch verordnet. Die Kosten für die Überwachung. geschätzte 200.000 Dollar im Monat, muss Strauss-Kahn auch selbst tragen. Das nächste Hearing findet am 6. Juni statt, Prozessbeginn aus heutiger Sicht soll der 8. September sein.
Die Anklagepunkte
Bei der Anklageerhebung gegen Dominique Strauss-Kahn hat die Grand Jury in New York alle von der Staatsanwaltschaft genannten Vorwürfe angenommen. Dem früheren Chef des Internationalen Währungsfonds werden damit sechs Straftaten zur Last gelegt. Weil er bei der schwersten - "sexuelle Belästigung in einem besonders schweren Fall" - gleich zweimal angeklagt ist, sieht er sich sieben Punkten gegenüber.
Laut Anklageschrift soll Strauss-Kahn am Samstag die Tür seines Hotelzimmers zugeschlagen haben, als ein Zimmermädchen zum Aufräumen eingetreten war. "Er griff dem Opfer ohne Einwilligung an die Brust, versuchte, die Strumpfhose herunterzuziehen und griff ihm in den Schritt. Sein Penis hatte gewaltsam zweimal Kontakt mit dem Mund des Opfers." Wegen dieses zweimaligen Kontakts wirft die Staatsanwaltschaft dem 62-Jährigen die doppelte "sexuelle Belästigung ersten Grades" vor. Dafür allein drohen jeweils 25 Jahre Haft. Hinzu kommt "versuchte Vergewaltigung ersten Grades", dafür könnten 15 Jahre verhängt werden. "Sexueller Missbrauch" steht zweimal in der Anklage, das wird ersten Grades mit sieben Jahren, dritten Grades mit drei Monaten Haft geahndet. Die Schließung der Tür, um die Frau am Weglaufen zu hindern, wird zudem als Freiheitsberaubung gewertet. Dafür drohen Strauss-Kahn ein Jahr Gefängnis, ebenso wie für "unsittliches Berühren", der sechste Anklagepunkt.
Hohe Kaution, strenge Auflagen
Eine Million Dollar in bar, fünf Millionen Dollar Sicherheiten und extrem strenge Auflagen. Dennoch hat Strauss-Kahn die letzte Nacht im Gefängnis verbracht, denn die Wohnung in der er die nächsten Monate verbringen wird, muss erst adaptiert werden. Er wird lange in dieser Wohnung bleiben müssen. Sein nächster Gerichtstermin ist schon am 6. Juni. Da wird er sich schuldig oder nicht schuldig bekennen. Wie es dann weitergeht, ist aber noch unsicher.