Experte für Fiskalplan statt Sparpaket
"Wir wiederholen Fehler der 30er-Jahre"
Die strengen Sparvorgaben für Griechenland seien der falsche Weg, sagt der US-Wirtschaftsprofessor Dennis Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel. Die Finanzmärkte könnten nur mit einem langfristigen Plan beruhigt werden, sagt Snower im Ö1-Morgenjournal-Interview.
8. April 2017, 21:58
"EU hat keine Weitsicht"
Dennis J. Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, im Morgenjournal-Interview am 23.05.2011 mit Barbara Krommer
Langfristige Planung
Das Problem der Europäischen Union mit der Schuldenkrise ist nach Ansicht des Experten, dass es keine politische Führung gibt: "Obwohl es Antworten auf diese Probleme gibt, werden sie einfach nicht aufgegriffen, weil man keine Weitsicht hat." Die Problemlösung aus seiner Sicht: "Jedes Land, das Anspruch auf den EU-Rettungsschirm haben will, müsste eine Fiskalregel entwerfen, die die langfristige Schuldenquote festsetzt. Dann müsste diese Regel von einer unabhängigen Fiskalkommission implementiert werden." Diese Fiskalpläne müssten sich im Gegensatz zu den aktuellen kurzfristigen Sparvorgaben über ein bis zwei Jahrzehnte erstrecken. "Das wäre ein Plan, der die Finanzmärkte beruhigen würde", schlägt Snower vor. So könnte zum Beispiel Griechenland seine Wirtschaft stimulieren, ohne die Finanzmärkte zu beunruhigen.
Sparprogramme kontraproduktiv
Die aktuelle Vorgangsweise hingegen erinnert Snower an die 1930er Jahre: "Wir wiederholen die Fehler von damals. Von Ländern, die schon in einer Depression sind, wird gefordert, dass sie weiter sparen müssen. Die Sparprogramme seien kontraproduktiv und auch nicht relevant für das Problem. Denn die Märkte machen sich Sorgen, dass das Land auf lange Sicht seine Schulden nicht zurückzahlen kann. "Die Antwort, die man braucht, ist, dass fiskalpolitisch verantwortungsvoll gehandelt wird, und das kann man nur durch einen langfristigen Plan machen, nicht durch kurzfristige Sparpakete."
Wertesignal an arabische Welt
Die Folgen der Revolutionen in der arabischen Welt sind nach Ansicht Snowers nicht einzuschätzen, weil man nicht wisse, welche Kräfte hier am Werk sind. Der Westen sollte aber ein Signal schicken, das stark mit Werten zusammenhängt, so Snower: "Die Politik war in der Vergangenheit zu sehr von Realpolitik und Pragmatismus geprägt und unsere Werte sind zu kurz gekommen." Die Unsicherheit gilt auch für die Energiepreise, so könnte es zu Instabilitäten beim Ölpreis kommen, wenn die neuen Regime dem Westen weniger gut gesinnt seien.
Service
Institut für Weltwirtschaft
Institut für Volkswirtschaft der Universität Kiel Homepage von Dennis J. Snower