Bei Straßburger Menschenrechtsgerichtshof

Elsner-Beschwerde vor Entscheidung

Der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg entscheidet über die Beschwerden des ehemaligen BAWAG-Generaldirektors Helmut Elsner. Experten räumen Elsner Chancen ein, wegen der langen U-Haft vom Menschenrechtsgericht (EGMR) Recht zu bekommen.

Morgenjournal, 24.05.2011

Sechs Beschwerden

Elsners Anwalt hatte bereits 2007 und 2008 insgesamt sechs Beschwerden eingebracht mit dem Vorwurf, dass die Justiz im Fall des Ex-Bankers gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen hätte. Mittlerweile ist Elsner rechtmäßig wegen Untreue zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Keine Enthaftung

Mit einem kann Helmut Elsner bei der heutigen Entscheidung sicher nicht rechnen: dass er aus der Haft entlassen wird. Völkerrechtsexperte Manfred Nowak sagt, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe keine Möglichkeit, ein Urteil eines nationalen Gerichtes aufzuheben.

Falls der Menschenrechtsgerichtshof das Recht auf ein faires Verfahren verletzt sieht, dann könnte das als Anlass genommen werden, das Verfahren neu aufzurollen, sagt Nowak. Elsner, der mittlerweile rechtskräftig wegen Untreue zu zehn Jahren Haft verurteilt ist, sieht in seinen Beschwerden durchaus sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Allerdings rechnen Experten hier eher nicht mit einer Verurteilung der Republik. Nowak sagt, in der Regel gehe es nur ums Geld.

Schadenersatz möglich

In puncto Schadenersatz könnte Elsner gewisse Chancen haben, vom Gerichtshof Recht zu bekommen. Denn in seinen Beschwerden hat Elsner auch eine zu lange Gesamtverfahrensdauer und unrechtsmäßige und unangemessen lange Untersuchungshaft kritisiert. Immerhin schreibt die Menschenrechtskonvention vor, dass die U-Haft so kurz wie möglich gehalten werden muss. Beim diesem Punkt hat Elsner gewisse Chancen vom Menschenrechtsgerichtshof recht zu bekommen. Nowak meint, dass dann die Republik Österreich die Verfahrenskosten zahlen müsste und eine Entschädigung für die Zeit der zu langen U-Haft.

Urteile bindend

Wird Österreich zu einer Geldstrafe verurteilt muss das Justizministerium die Strafe zahlen, sagt Nowak. Urteile des EGMR sind bindend, Österreich müsste sie umsetzen.

Allerdings sind die Entschädigungen die der Menschenrechtsgerichtshof den Klägern in solchen Fällen zuspricht, meist nicht allzu üppig, sagt Nowak.

Keine Berufung

In manchen Fällen entscheidet der EGMR sogar, dass gar kein Schadensersatz geleistet werden muss, weil allein die Feststellung einer Rechtsverletzung zur Wiedergutmachung ausreicht, sagt Nowak. Berufung gegen die heutige Entscheidung des Menschenrechtsgerichtes ist zwar bei der "Großen Kammer" theoretisch möglich. Praktisch, beschäftigt sich die "Große Kammer" des Menschrechtsgerichtes aber nur mit richtungsweisenden Urteilen, und davon kann bei Elsners Beschwerden keine Rede sein.