Generalthemen Tod und Labyrinth

Biennale-Schwerpunkte

An diesem Wochenende hat die 54. internationale Kunstbiennale in Venedig ihre Pforten geöffnet. Im Rahmen der Feierlichkeiten wurden auch die Goldenen Löwen verliehen. Der Goldene Löwe für den besten nationalen Beitrag ging an Deutschland, der goldene Löwe für den besten Künstler ging an den Amerikaner Christian Marclay für sein Werk "The Clock". Insgesamt spielt der Tod bei dieser Biennale eine große Rolle.

Kulturjournal, 06.06.2011

Einer der zwei Löwen für das Lebenswerk wurde Franz West verliehen, gemeinsam mit der US-Amerikanischen Künstlerin Elaine Sturtevant.

Dokumentation von Schlingensiefs Werk

Christoph Schlingensief hat gefehlt im Deutschen Pavillon. Dass er fehlen würde, war allen klar, als der schwer kranke Performer im August 2010 starb. Wenige Monate, nachdem er als Biennale-Repräsentant auserkoren worden war. Kommissärin Susanne Gaensheimer entschied sich nach heftigen Diskussionen, die Schlingensief-Schau trotzdem zu machen, als Dokumentation seines Lebens und Werkes.

"Wir haben gesagt, wir finden es ist unmöglich, die Idee, die er hatte, zu realisieren. Das war einfach nicht fertig genug, das ist klar. Da hätte irgendjemand Entscheidungen treffen müssen, Schlingensief spielen müssen. Und wir fanden, dass das nicht geht", erläutert Gaensheimer.

Posthume Würdigung

Ohne den provokanten Performancekünstler wirkt das leere Bühnenbild von Schlingensiefs neugotischer Taufkirche, das er selbst einmal entworfen hat, etwas pathetisch. Daher ist die Auszeichnung des deutschen Pavillons wohl in Wahrheit eine posthume Würdigung des Künstlers.

Einem erst kürzlich verstorbenen Künstler ist auch der ägyptische Pavillon gewidmet: Ahmed Basiony, der heuer bei einer Demonstration am Tahrirplatz getötet wurde und sich in seinen Filmarbeiten intensiv mit den Demonstrationen auseinandergesetzt hatte.

Biennale-Thema Tod

Insgesamt spielt der Tod eine große Rolle bei dieser Biennale: Christian Boltanski lässt im französischen Pavillon eine große labyrinthartige Lebensmaschine laufen, die er dann nach dem Zufallsprinzip immer wieder mit lautem Getöse stoppt. Vor dem Pavillon stehen Stühle, die den erschöpften Biennale-Besuchern beim Niedersetzen zuflüstern: "Vielleicht ist es das letzte Mal."

Nicht nur bei Boltanski, auch im britischen Pavillon verliert man sich in geheimnisvollen labyrinthischen Unterwelten, in denen man immer wieder vor verschlossenen Türen steht. Im Schweizer Pavillon wartet Thomas Hirschhorn mit einem komplizierten Parcours durch eine Riesengrotte auf, die mit Wohlstandsprodukten zugemüllt ist. Seine Devise: "Panik ist die Lösung!" Hell und freundlich ist dagegen das Labyrinth, das der Künstler Markus Schinwald im Österreichischen Pavillon errichtet hat.

Kultur aktuell, 06.06.2011

Wände vom Himmel

"Wobei ein Labyrinth normalerweise am Boden beginnt und irgendwo über dem Kopf aufhört. Bei mir ist es genau das Gegenteil: Die Wände kommen vom Himmel und hören in Körpermitte auf. Es ist also ein Labyrinth mit einer optimistischen Option: Wenn ich mich verirre, könnte ich immer noch in die Knie gehen und in den Knien rausrobben", so Schinwald.

Offensichtlich ist das Labyrinth neben dem Tod das zweite große Thema, das Künstler und Kuratoren bei dieser Kunstschau mit dem Titel "Illuminations" nicht losgelassen hat. Vielleicht weil labyrinthisches Chaos und Tod oft den Weg zur Erleuchtung säumen.

Textfassung: Rainer Elstner

Service

Die Kunstbiennale wurde am Samstag für das Publikum offiziell eröffnet und ist noch bis zum 27. November zu besichtigen.

La biennale di Venezia
la Biennale 2011 Austria
Deutscher Pavillon