Finanzminister muss gehen

Regierungsumbildung in Athen

In Griechenland wird nach zweitägigen Verhandlungen eine Regierungsumbildung vorgenommen. Ministerpräsident Papandreou hat zwei neue Minister vorgestellt, weitere sollen folgen. Das Finanz- und das Außenministerium wird neu besetzt.

Der bisherige Verteidigungsminister Venizelos soll Finanzminister Papakonstantinou ablösen und das Schlüsselressort übernehmen. Neuer griechischer Außenminister wird Stavros Lambrinidis, bisher enger Mitarbeiter des griechischen Regierungschefs und Europaparlamentarier. Die Maßnahmen waren nach heftigen Protesten in der Bevölkerung nötig geworden.

Mittagsjournal, 17.06.2011

Geeint vor Schuldenberg

Zwei neue Minister, wobei der bisherige Verteidigungsminister ins weitaus explosivere Finanzministerium übersiedelt: kann Ministerpräsident Papandreou mit dieser Regierungsumbildung das Bevölkerung auf seine Seite bringen? Der neue Finanzminister könnte der Bote einer neuen Politik sein: Evangelos Venizelos gilt als Parteirivale von Papandreou. Was sie eint, bleiben die Schulden.

Kein großer Wurf

Es war nicht der Ministerpräsident selbst, der heute vormittag die neue Regierungsmannschaft präsentierte. Giorgios Papandreou schickte seinen Vertreter vor. Und dieser las die neue Ministerliste vor. Der große Wurf, wie in die Griechen wohl erwartet haben, blieb aus. Die meisten Minister haben ihre Posten behalten - wichtig ist aber sicherlich der Wechsel im Finanzressort. Neuer griechischer Finanzminister ist Evangelos Venizelos.

Mit der Ablöse des bisherigen Finanzministers Papaconstantinu hofft der griechische Premier die Bevölkerung zu beruhigen. Papaconstantinu ist in den Augen der meisten Griechen für das drakonische Sparprogramm mit massiven Lohnkürzungen und Steuererhöhungen verantwortlich. Doch ganz fallen gelassen hat Papandreou seinen politischen Weggefährten nicht, Papaconstantinu wird künftig Energieminister.

Halbherzige Umbildung

Es ist eine äußerst halbherzige Regierungsumbildung, kritisiert der Journalist Costas Tsouparopulos: "Viele Menschen hier sind einfach enttäuscht, weil sich nicht viel geändert hat seit gestern. Papandreou hat seine Freunde, so wie wir es hier nennen, behalten. Papandreou hat nicht die Chance ergriffen, wirklich etwas zu ändern. Er hat bloß einige Ministerposten ausgetauscht".

Partei aber zusammengehalten

Papandreou habe dabei in erster Linie als Chef der sozialistischen PASOK-Partei gehandelt - mit dem Ziel seine Partei, die ihm in den letzten Tagen zu entgleiten drohte, zusammenzuhalten, so Costas Tsouparopulos. Der neue Finanzminister ist eigentlich ein Rivale von Papandreou innerhalb der PASOK, ist dort die Nummer zwei. Indem Papandreou ihn als Finanzminister ins Boot holt, kann Papandreou nach außen seine Partei als geschlossen und durchsetzungsfähiger präsentieren.

Das dürfte aber auch schon alles sein, meint Costas Tsouparopulos. Denn an den Sparauflagen der Europäischen Kommission und des IWF wird sich nicht ändern. Der Handlungsspielraum des neuen Finanzministers wird minimal sein.

Vertrauensabstimmung am Sonntag

Doch Papandreou hat mit dieser Personalrochade sicherlich eines bewirkt, die Vertrauensabstimmung im Parlament, die wahrscheinlich am Sonntag stattfinden wird, wird er mit einer geeinten Pasok leichter überstehen. Auch das neue Sparpaket im Parlament, das bis Ende Juni durchgebracht sein muss, wird sich jetzt wohl ausgehen: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Vertrauensabstimmung gut für Papandreou ausgeht. Seine Partei hat sich seit gestern wieder beruhigt. Aber das ist ja nicht das wahre Problem. Es geht ja nicht um Parteiprobleme, sondern massive Wirtschaftsprobleme im Land. Papandreou hat jetzt vielleicht etwas Zeit gewonnen, ein paar Monate vielleicht, aber nicht mehr".

Zumal die Stimmung im Land weiter schlecht ist, so Costas Tsouparopulos. Die Demonstrationen und Streiks werden sicherlich seiner Meinung nach weitergehen.