Weißrussland verärgert Polen
Prozess gegen polnischen Journalisten
Verurteilungen von Andersdenkenden, Oppositionellen und Journalisten sind in Weißrussland an der Tagesordnung. Meist ist das im Westen nur eine Fußnotiz. Nun aber erregt ein Prozess auch internationale Aufmerksamkeit: nämlich der gegen den Korrespondenten der polnischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 27.06.2011
Gegen Präsident Lukaschenko aufgetreten
Er heißt Andrzej Poczobut, ist 38 Jahre alt und arbeitet für die renommierte polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza.
"Er ist sicherlich einer der mutigsten Journalisten, die sich in Weißrussland gegen den autoritären Polizeistaat von Präsident Lukaschenko aufzutreten getraut haben", sagt Alliaksei Dzikavitski, Chefredakteur von Belsat, dem unabhängigen weißrussischen TV-Sender in Warschau.
Festgenommen und Familie bedroht
Poczobut wurde schon öfter von den weißrussischen Behörden festgenommen und geschlagen, erzählt Dzikavitski. Seiner Familie, sogar den Kindern wurde gedroht. Er selbst habe aber immer gesagt, dass er sich nicht unterkriegen lassen werde.
So demonstrativ keine Angst zu haben, gelte in Weißrussland schon als massive Provokation, meint Dzikavitski: "Mit diesem Prozess wollen sie es ihm jetzt zeigen, die wollen ihn kleinkriegen", so der Chefredakteur von Belsat.
Alliaksei Dzikavitski weiß wovon er spricht. Er wurde selbst von den weißrussischen Behörden wegen seiner Artikel verfolgt. 2001 wurde der Druck so massiv, dass er das Land verlassen musste. Seither arbeitet er als Journalist von Polen aus, so wie viele Weißrussen.
Polen unterstützt weißrussische Bürgerrechtler
In Polen werden sie willkommen aufgenommen. Polen unterstützt die weißrussischen Bürgerrechtler sicherlich mehr als alle anderen europäischen Staaten.
So wurde unter anderem Belsat, ein unabhängiger weißrussischer TV-Sender gegründet. Der Sender wird vom polnischen Fernsehen unterstützt und aus dem polnischen Budget finanziert.
Zentrum für die weißrussische Opposition in Warschau
In Planung ist außerdem ein offizielles Zentrum für die weißrussische Opposition in Warschau.
"Die polnischen Politiker erinnern sich selber noch gut, als sie während des Kommunismus verfolgt wurde, heimlich westliche Radiosender gehört haben und sie erinnern sich, wie sie damals vom Westen Unterstützung bekamen" erzählt Chefredakteur Dzikavitski. Er glaubt, dass die polnischen Politiker jetzt ihre Aufgabe darin sehen, anderen Verfolgten zu helfen.
Prozess als Revanche
Der Prozess gegen Andrzej Poczobut wird in Polen als Revanche für diese dezidierte Unterstützung der weißrussischen Opposition gesehen. Polens Außenminister Radoslaw Sikorski wirft Weißrussland offen vor, Poczubut als politische Geisel für die Beziehungen zu Polen und zum Westen zu missbrauchen.
Polen verlangt Freilassung
Der Prozess gegen Poczubut erschwert die Beziehungen zwischen Polen und Weißrussland, sagt Artur Michalski, Chef der Osteuropa-Sektion im polnischen Außenministerium. Der Prozess sei ein zusätzliches Element, das unser Verhältnis nicht besser macht, so Michalski.
Für Polen sei dieser Prozess inakzeptabel. Die Anschuldigungen gegen Andrzej Poczubut bezeichnet Michalski als völlig haltlos: "Wir verlangen die Freilassung von Poczobut."
"EU muss reagieren"
Aber Michalski möchte das Problem nicht auf Polen und Weißrussland beschränken. Was sich in Minsk unter Präsident Lukaschenko abspielt, muss die gesamte Europäische Union interessieren. Artur Michalski fordert, dass wenn die weißrussische Führung weiter diese autoritäre Politik verfolgt, müssen die Europäer reagieren.
Weißrussland sei kein polnisches Steckenpferd, so Artur Michalski, das ist eine europäische Angelegenheit.