Verhaftungen und Wirtschaftszusammenbruch

Weißrussland setzt weiter auf Härte

In Weißrussland sind sechs Oppositionspolitiker zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Das Regime von Präsident Alexander Lukaschenko setzt weiter auf Härte - wohl auch deshalb weil die Wirtschaft des Landes kurz vor dem Zusammenbruch steht. Nicht einmal der große Bruder Russland ist diesmal bereit, Lukaschenko aus der Klemme zu helfen.

Mittagsjournal, 13.05.2011

Währungsverfall

Lange Schlangen prägen das Stadtbild der weißrussischen Hauptstadt Minsk. Angestanden wird vor Wechselstuben, denn ausländische Währungen sind zur Zeit absolute Mangelware. 3.000 Weißrussische Rubel ist ein Dollar laut dem vom Staat festgesetzten Wechselkurs wert - am Schwarzmarkt muss man mehr als 4.300 Rubel dafür zahlen, Tendenz weiter stark steigend. Laut Angaben des weißrussischen Statistikamtes wurden im Mai 600.000 Arbeiter auf Zwangsurlaub geschickt, weil die Unternehmen aus Devisenmangel keine Gehälter zahlen konnten auch die Währungsreserven des Staats schmelzen dahin.

Russland wendet sich ab

Ohne Hilfe von Außen droht der Staatsbankrott. Doch nicht einmal Russland, der letzte Verbündete Lukaschenkos will einspringen: Kredite werde es nur geben, wenn die Wirtschaft grundsätzlich reformiert werde, lässt der russische Finanzminister Alexei Kudrin ausrichten. Niemand wisse, wie diese Krise gelöst werden könne sagt der Menschenrechtsaktivist Oleg Gulak von der weißrussischen Helsinki-Föderation:

"Wir sehen jetzt vielleicht nicht das Ende von Lukaschenko, aber auf jeden Fall das Ende des sozialen und wirtschaftlichen Modells der letzten 20 Jahre. Der Paternalismus und die staatliche Lenkung haben versagt, die Leute müssen sich um sich selber kümmern, sind darauf aber nicht vorbereitet: Es herrscht Orientierungslosigkeit wie zu Beginn der 1990er-Jahre".

Keine Reformen

Weißrussland ist das einzige Land des früheren Ostblocks, das seine Wirtschaft nach dem Zerfall der Sowjetunion nicht reformiert hat. Finanziert wurde die Planwirtschaft alten Stils durch billige Energieimporte und Subventionen aus Russland. Dafür verlangt Moskau jetzt Gegenleistungen Die größten Unternehmen, die Raffinieren und Pipelines sollen an russische Firmen übertragen werden.

Schauprozesse und taktische Spiele

Lukaschenkos Taktik, den Westen gegen Moskau und Moskau gegen den Westen auszuspielen sei mit der gewaltsamen Niederschlagung der Protestbewegung gegen die gefälschten Präsidentschaftswahlen im Dezember endgültig gescheitert, meint Valentin Gefter vom internationalen Komitee zur Beobachtung der Menschenrechte in Weißrussland. Die Schauprozesse gegen die Angehörigen der Opposition seien ein Versuch, dem Volk einen Sündenbock für diese Entwicklung zu präsentieren.

"Die Macht spürt wie schwach sie nach den Ereignissen bei den letzten Wahlen ist. Die Menschen haben von dieser Macht langsam aber sicher genug. Und deshalb muss die Macht zu diesen harten Maßnahmen greifen!"

Auch Österreich betroffen

Auch heimische Unternehmen sind von dieser Entwicklung betroffen: Nach Russland ist Österreich der zweitgrößte Handelspartner von Weißrussland.