Kurzer Prozess?

Oppositioneller in Weißrussland verhaftet

Das Regime in Weißrussland geht weiter auf Konfrontationskurs mit dem Rest der Welt. Jetzt haben die ersten Prozesse gegen Oppositionelle begonnen, die nach den Präsidentschaftswahlen im Dezember verhaftet worden sind.

Mittagsjournal, 18.02.2011

"Anstiftung zum öffentlichen Aufruhr"

Es war ein kurzer Prozess. Gestern begann hat die Verhandlung gegen den 27-jährigen Wasilij Parfenkow, am Abend gab es bereits das Urteil: Vier Jahre Haft unter verschärften Bedingungen in einer Strafkolonie. 42 Personen dürften bereits in den nächsten Tagen und Wochen vor Gericht gestellt werden, darunter drei der neun Gegenkandidaten von Alexander Lukaschenko. Ihnen drohen bis zu 15 Jahre Haft wegen Anstiftung zur öffentlichen Aufruhr.

Menschenrechtsorganisation im Visier

Dutzende weitere Oppositionelle wurden zwar aus der Haft entlassen, stehen aber unter Hausarrest. Darunter die bekannte russische Journalistin Irina Chalip. Immerhin konnte so die im Raum stehende Übergabe ihres dreijährigen Sohnes an ein staatliches Kinderheim verhindert werden. Aber das Regime belässt es nicht bei den Prozessen: Auch die Menschenrechtsorganisation "Frühling", die die Verteidigung der Oppositionellen übernommen hat, wird von der Staatsanwaltschaft mit der Schließung bedroht. Dabei legt sich das Regime von Alexander Lukaschenko nicht nur mit dem Westen an, sondern auch mit seinem letzten verbliebenen Unterstützer: Russland.

Minsk lässt sich nicht beeindrucken

Zwei der Verhafteten sind russische Staatsbürger und der russische Außenminister Lavrov persönlich hat Anfang Februar ihre Freilassung verlangt: Die Verhaftungen nach der Präsidentschaftswahl seien unnötig und nicht akzeptabel gewesen, so Lavrov wörtlich. Ein Schuss vor den Bug, der Alexander Lukaschenko aber ebenso kalt lässt wie die Sanktionen, die die Europäische Union und die USA Ende Jänner gegen sein Land beschlossen haben. 120 Spitzenfunktionäre des Regimes und Lukaschenko wurden mit einem Einreiseverbot belegt, auch über Wirtschaftssanktionen wird weiter beraten. Gleichzeitig will die EU ihre finanzielle Unterstützung für die Zivilgesellschaft in Weißrussland auf 16 Millionen Euro pro Jahr vervierfachen. Das gestrige Urteilzeigt aber zeigt, dass sich das Regime in Minsk von äußerem Druck offenbar nicht beeindrucken lässt.