Eine post-jugoslawische Ansichtskarte über Kunst
Laibach
Laibach sind nicht nur als Musiker, sondern auch als bildende Künstler aktiv. Zuletzt zeigten sie in Slowenien und Kroatien beeindruckende Retrospektiven. Und kehrten dabei teils an jene Orte zurück, in denen sie zu Zeiten Jugoslawiens ausgestellt haben.
8. April 2017, 21:58
Das Jahr 1983. Nach einigen turbulenten Tagen geben Laibach dem slowenischen Staatsfernsehen ein Interview und werden anschließend mit fünf Jahren Auftrittsverbot belegt. Das Interview-Setting: In einem dunklen Raum, gespenstisch ausgeleuchtet und uniformiert, beantworten Laibach die Fragen des Reporters indem vorgefasste schriftliche Statements vom Papier abgelesen werden.
Laibach wird unter anderem zum Vorwurf gemacht, dass sie den deutschen Namen der slowenischen Hauptstadt tragen – unvorstellbar in der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, deren Bevölkerung unter der Herrschaft der Nazis gelitten hat und die einen Großteil ihrer Selbstlegitimation aus dem erfolgreichem Widerstand gegen die deutschen Besatzer schöpft.
Jugoslawien ist Geschichte, nicht aber Laibach
Knappe dreißig Jahre später ist Jugoslawien Geschichte, nicht aber Laibach. Jani Novak, einer der Masterminds des Kollektivs, trifft in Zagreb die letzten Vorbereitungen vor der Eröffnung der Retrospektive von "Laibach Kunst".
Ihr Titel lautet "Ceci n´est pas Malevitch" / "Das ist nicht Malevitch". Dabei handelt es sich um eine Anspielung auf das Kennzeichen des Künstlerkollektivs: Ein schwarzes Kreuz auf weißem Hintergrund. Damit bewarben Laibach in jener Zeit ihre Auftritte, als sie offiziell verboten waren.
Das schwarze Kreuz auf weißem Hintergrund wird oft allein dem russischen Avantgardisten Kasimir Malawisch zugeschrieben.
Unterschiedliche Stile um sich auszudrücken
"Wir sind keinesfalls von einer Art 'Originalitätsgedanken' besessen. Für uns ist es selbstverständlich, dass wir uns des einen oder anderen Elements aus dem reichhaltigen Ballast der Geschichte bedienen. Das steht schon in unserem Programm aus dem Jahr 1982 und wir halten uns nach wie vor daran. Laibach rekontextualisiert Elemente aus der Populärkultur ebenso, wie solche aus der Kunstgeschichte und der Politik. Wir haben damit absolut kein Problem."
Auf musikalischer Ebene heißt das: Richard Wagner wird ebenso gecovert, wie die Beatles oder Johann Sebastian Bach. Für das Album "NATO" bearbeitete man 1994 bekannte Lieder mit Kriegsthematik und auf "Volk" aus dem Jahr 2006 verfremdete man zahlreiche Nationalhymnen.
Auch in der bildenden Kunst bedienen sich Laibach zahlreicher unterschiedlicher Stile. Das verdeutlichte einmal mehr die Laibach Retrospektive, die im Mai in Zagreb gezeigt worden ist: Naiver Realismus findet sich ebenso auf den großflächigen Gemälden, wie Pinselstriche im Stile von Van Gogh oder Bilder im Stil des italienischen Neorealismus.
Demonstrationen und Auftrittsverbot
Schon längst haben Laibach auch zu einer eigenen Bild-Sprache gefunden: Im Hauptraum der Ausstellung stehen monumentale Leinwände, darauf abgebildet sind düstere, klobige und kämpferische Figuren in Erdtönen. Darunter eine, auf die sich Laibach von Beginn an berufen: Ein übermächtig wirkender, kräftiger Arbeiter, der drohend einen schweren Hammer in die Höhe hält.
Die jugoslawische Arbeiterschaft verhielt sich dennoch nicht sonderlich solidarisch – das zeigen jene kleinen Schaukästen am Ausgang der Ausstellung, in denen episodenhaft die Anfänge von Laibach nacherzählt werden. Darunter auch jener Tag, an dem Laibach Zagreb verlassen mussten. Sie waren bei einem Konzert nicht nur in gestohlenen Uniformen der jugoslawischen Volksarmee aufgetreten, sondern hatten zwei Videos übereinander projiziert – das erste war ein Propagandafilm, der den einige Jahre zuvor verstorbenen Tito zeigte. Bei der zweiten Projektion handelte es sich um einen Pornofilm. Ein Phallus, der über Titos Gesicht projiziert wurde, führte dazu, dass das Konzert von den Behörden abgebrochen wurde.
"Nach dem Konzert kam es zu einer wahren Hexenjagd. Die kroatischen Arbeiter- und Jugendverbände traten geschlossen gegen uns auf und protestierten bei und mit den slowenischen Kollegen. Die slowenische Politik musste reagieren und da kam das Interview, dass das slowenische Staatsfernsehen mit uns in diesen Tagen geführt hatte, gerade recht. Weite Teile der Öffentlichkeit stießen sich daran – und die slowenische Regierung bestrafte uns mit einem fünfjährigen Auftrittsverbot. Sprich: Das Konzert in Zagreb führte dazu, dass wir verboten worden sind", erzählt Jani Novak.