Jeden Tag nimmt Kenia tausende Somalis auf
"Das größte Flüchtlingslager der Welt"
Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit spielt sich in Somalia eine Tragödie ab. In dem seit 20 Jahren vom Bürgerkrieg geplagten Land hat eine Dürreperiode eine neue Flüchtlingswelle ausgelöst. Jeden Tag versuchen 1.500 Menschen ins Nachbarland Kenia zu kommen, erzählt Melissa Fleming von der UNO.
8. April 2017, 21:58
Fabio Polly
1.500 Flüchtlinge am Tag
Seit 20 Jahren herrscht in Somalia am Horn von Afrika ein Bürgerkrieg. Schon bisher kamen jeden Monat tausende Flüchtlinge in die Nachbarländer Somalias. Die meisten Menschen versuchen nach Kenia zu gelangen, wo das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR drei riesige Lager betreibt. Ein viertes ist in Planung, ein fünftes wäre dringend notwendig.
Mittlerweile hat sich der Flüchtlingsstrom aus Somalia noch weiter verstärkt. Ein Drittel der Bevölkerung soll auf der Flucht sein. Allein in die UNHCR-Flüchtlingslager kommen 1.500 Flüchtlinge am Tag, erzählt Melissa Fleming, Sprecherin des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR.
"Kinder sterben vor unseren Augen"
"Es kommen nicht nur sehr sehr viele Menschen, sie kommen in einem sehr geschwächten Zustand", sagt Fleming. Am schlimmsten sind die Kinder der Flüchtlinge von der Krise betroffen, viele sterben auf dem Weg nach Kenia. "Sie laufen tagelang, es gibt eine enorme Hitze und es gibt fast nichts zu essen und zu trinken", erzählt Fleming, "es gibt auch viele Kinder, die zwar in Kenia ankommen, aber in einem so schlechten Zustand sind, dass sie vor unseren Augen sterben."
"Drittgrößte Stadt Kenias"
360.000 Menschen leben in dem UNHCR-Flüchtlingslager in Kenia. "Das ist das größte Flüchtlingslager der Welt – und mittlerweile die drittgrößte Stadt in Kenia", erzählt Fleming. Die kenianische Regierung erkennt alle Somalis sofort als Flüchtlinge an. Das heißt, die Somalis müssen nicht erst um Asyl bitten, sondern bekommen es automatisch. "Kenia ist sehr großzügig", sagt Fleming.
Keine Hilfsorganisationen in Somalia
In Somalia selbst gibt es derzeit keine westlichen Hilfsorganisationen. Die radikalislamische Milizgruppe Al-Schabaab, die im Süden Somalias große Gebiete kontrolliert, sorgte vor zwei Jahren dafür, dass die Hilfsorganisationen großteils das Land verließen. Vor kurzem erklärte die militante Gruppe, sie würde die Hilfsorganisationen wieder ins Land lassen. Die UNHCR ist dabei, die Sicherheitslage zu überprüfen. "Wenn wir sehen, dass es sicherer wäre, dann gehen wir auf jeden Fall zurück", sagt Fleming.