Slowakische Stadt erhält Anti-Korruptionspreis

"Transparenz ist das Zauberwort"

Schon viele Regierungen in Bratislava haben sich dem Kampf gegen die Korruption verschrieben. Mit unterschiedlichem Erfolg. Auf Gemeindeebene funktioniert das manchmal besser, wie die nordslowakische Stadt Martin gezeigt hat: Für ihren Kampf gegen Korruption wurde sie von der UNO ausgezeichnet.

Die Slowakei ist eines jener Länder innerhalb der Europäischen Union, wo Korruption auch mehr als sechs Jahre nach dem EU-Beitritt allgegenwärtig ist. Laut der Internationalen Anti-Korruptionsstelle Transparency International kommt die Slowakei nur knapp vor Rumänien, Bulgarien, Griechenland und Italien zu liegen. Die nordslowakische Stadt Martin bildet hier eine rühmliche Ausnahme.

Mittagsjournal 14.7.2011

Slowaken selbst überrascht

Der Hauptplatz in Martin, einer 60.000 Einwohnerstadt im Norden der Slowakei, ist keiner dieser so typischen slowakischen barocken Plätze. Martin ist eine Industriestadt mit massiven Relikten aus den kommunistischen 1960er Jahren. Die Stadt ist zwar frisch renoviert und auf seine Art herausgeputzt, Martin ist aber weit davon entfernt ein touristischer Magnet in der Region zu werden.

Und trotzdem genießt Martin derzeit so etwas wie Kultstatus in der Slowakei: die Stadt hat den international renommierten Anti-Korruptionspreis der Vereinten Nationen gewonnen.

Ausgerechnet eine slowakische Stadt, sind auch die Slowaken überrascht. Transparenz ist das Zauberwort, so der Bürgermeister der Stadt, Andrej Hrnciar: "Ich habe jahrelang als Bürger dieser Stadt beobachtet, was hier schief läuft, in der Stadtverwaltung und in der Kommunikation mit den Menschen. Ich wollte einfach etwas ändern und bin zu den Wahlen angetreten."

Vertrauen in die Politik schaffen

Spezielle Erfahrungen in der Politik hatte Andrej Hrnciar keine, seine Managementerfahrungen hat er als Schauspieler und Direktor am städtischen Theater gesammelt. Innerhalb weniger Jahre hatte er das wirtschaftlich kränkelnde Stadttheater zu einem florierenden Betrieb umgestaltet.

Dies wollte er auch mit der Stadt machen. "Mir war klar, dass die Menschen wieder Vertrauen in die Politik haben müssen", sagt er, "sonst geht bei uns in der Slowakei nichts weiter. Und Vertrauen schaffen wir nur durch volle Transparenz im Öffentlichen Dienst."

Alle Ausgaben im Netz

Gemeinsam mit der Internationalen Anti-Korruptionsstelle Transparency International erarbeitete der Bürgermeister also ein Programm für seine Stadt. Alles muss öffentlich nachvollziehbar und kontrollierbar sein: Alle Verträge der Stadt, alle Käufe und Verkäufe öffentlicher Objekte, alle Ausschreibungen müssen ins Netz gestellt werden. Auch wenn es vielleicht nur um das Austauschen von desolaten Pflastersteinen geht, so Bürgermeister Hrnciar: "Wir haben hier nicht einfach bloß alle vier Jahre Demokratie, gerade wenn gewählt wird. Wir haben hier in Martin jetzt Demokratie und Bürgerbeteiligung jeden Tag."

Die transparente Stadt

Doch nicht nur das politische Engagement der Einwohner in Martin wird gestärkt, das Modell "Transparente Stadt" hat auch ganz konkrete Auswirkungen auf das Budget der Stadt: Ein Drittel der Ausgaben der Stadt konnten eingespart werden. Für die Einwohner von Martin ein überzeugendes Argument. Sie halten den Bürgermeister für gut und seriös, die hohe Transparenz begrüßen sie.

Der UN-Anti-Korruptionspreis hat die Stadt mit einem Schlag berühmt gemacht. Gemeindedelegationen aus der Slowakei, aber auch aus dem Ausland, geben sich beim Bürgermeister von Martin die Klinke in die Hand. Der politische Quereinsteiger hat inzwischen aber weitere Pläne: Das Konzept der transparenten Stadt ausbauen, auf dass es ein gangbarer Weg für die gesamte Slowakei wird im Kampf gegen die Korruption.