Reformen in Rekordzeit
Zweites Sparpaket beschlossen
Jahrzehnte lang war Italien der Inbegriff der ineffizienten Regierungen. Doch jetzt geht alles ganz schnell: Ein erstes Sparpaket wurde in Rekordzeit beschlossen. Und weil das zur Beruhigung der Investoren nicht gereicht hat, hat nun die Regierung mitten in der Ferienzeit ein zweites, hartes Sparpaket auf den Weg geschickt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 13.08.2011
"Mir blutet das Herz"
In den vergangen vier Wochen ist in Italien in Sachen Reformen mehr passiert als sonst in Jahrzehnten. Der vorerst letzte Akt des "Blut und Tränen Programms", wie es mittlerweile hier recht pathetisch heißt, hat am Abend stattgefunden. Kurz nach 21 Uhr öffnen sich die Türen des Ministerrats. Silvio Berlusconi tritt vor die Presse und verkündet: Es wird noch viel mehr gespart als in Pakt Nummer Eins geplant. "Mir scheinen die Maßnahmen ausgewogen zu sein. Auf der einen Seite werden wir einsparen, auf der anderen Seite die Bürger belasten. Mir blutet dabei das Herz, denn wir haben versprochen, die Bürger nicht weiter zu belasten – aber die Weltlage hat sich geändert."
Steuer auf hohe Einkommen und Börsengewinne
Es wird eine "Reichensteuer" geben. Ab 90.000 Euro Jahreseinkommen werden zusätzlich fünf Prozent fällig, ab 150.000 Euro zehn Prozent. Damit ist man allerdings von den ursprünglichen Plänen abgerückt, diese Steuer schon für Einkommen ab 60.000 Euro einzuführen. Außerdem wird die Steuer auf Börsengewinne erhöht. Ausgenommen sind, wohl nicht ganz uneigennützig, die Erträge durch Staatspapiere.
Weniger Beamte
Ein Reformschritt, der vor allem die Lega Nord hart trifft, sind die Einsparungen bei den Provinzen. 50.000 Stellen sollen in der Gemeinde- und Provinzverwaltung wegfallen. Silvio Berlusconi weiß aber: Die Bürger verlangen Einsparungen auch in der Politik. "50.000 Posten, das ist wirklich nicht wenig. Es wird die Bürger Italiens freuen."
Höheres Pensionsalter
Gespart wird auch im Gesundheits- und Schulbereich. Die Abgaben auf Tabak werden erhöht. Das Pensionsalter wird schon 2015 und nicht erst 2020 auf 65 erhöht. Und auch die Ministerien müssen mehr als acht Milliarden zusätzlich einsparen. Ebenso wird es ein umfangreiches Privatisierungsprogramm geben.
Entgegen ersten Plänen wird aber keine zusätzliche Immobilienabgabe kommen. Diese hätte viele Italiener besonders hart getroffen.
Parlamentsbeschluss in einem Monat
Was die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen anbelangt, will Ministerpräsident Berlusconi nun doch das Parlament damit befassen und verzichtet auf die angekündigten Notstandsdekrete. Das dürfte wohl am Widerstand von Präsident Napolitano gescheitert sein. Kommende Woche soll alles bereits in Gesetzesform gegossen sein und in einem Monat dem Parlament vorliegen.